Freitag, 29.11.2024 / 10:23 Uhr

Uni Leipzig sagt Vortrag von Benny Morris ab

Bildquellen: Universität Leipzig und Youtube

Nach Protesten sagte das Institut für praktische Theologie der Universität Leipzig einen geplanten Vortrag des israelischen Professoren Benny Morris ab. Die entsprechende Erklärung ist derart erbärmlich und sagt zugleich so viel über die Zustände im akademischen Betrieb und den Zustand des dortigen Personals aus, dass man sich einen Kommentar ersparen kann:

Unsere Einladung an Prof. Morris war motiviert durch den Wunsch über seine früheren Arbeiten zu sprechen, die die historische Forschung tiefgreifend beeinflusst haben. Leider hat Prof. Morris zuletzt in Interviews und Diskussionen Ansichten geäußert, die teilweise als verletzend und sogar rassistisch gelesen werden können. Dies hat zu verständlichen, allerdings in der Art und Weise beängstigenden, Protesten seitens einzelner studentischer Gruppen geführt. (...)

Die Einladung von Vortragenden an der Universität bedeutet prinzipiell keine notwendige Übereinstimmung mit deren Ansichten und wir distanzieren uns entschieden von Prof. Morris‘ kontroversen Aussagen. Der Zweck der Veranstaltung mit ihm bestand in der kritischen Auseinandersetzung, nicht in der Befürwortung seiner Thesen oder gerade auch späterer Aussagen. Wissenschaft gedeiht unserer Meinung nach durch den Austausch vielfältiger Ideen, einschließlich solcher, die herausfordernd oder unbequem sind. Wir vertrauen darauf, dass unsere Studierenden in der Lage sind, sich konstruktiv und kritisch mit dem Gastredner auseinanderzusetzen.   

Verschiedene Gruppen haben uns aufgefordert, den Vortrag abzusagen. Zusammen mit entstandenen Sicherheitsbedenken führen die genannten Punkte dazu, dass der Vortrag von Prof. Benny Morris nicht stattfinden wird. 

Gleichzeitig wollen wir unabhängig von diesem Fall unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass sich eine Doppelmoral etabliert, die auf israelische Gelehrte angewandt wird, die zunehmend marginalisiert und unter dem Vorwand politischer Meinungsverschiedenheiten von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, während andere Stimmen ungehinderten Zugang zur Universität erhalten. Dies gilt zum Beispiel in Leipzig für Veranstaltungen von Kolleg:innen die der in Deutschland als extremistischen Verdachtsfall eingestuften BDS-Bewegung nahe stehen. Dabei steht es uns fern, eine Kultur von Absagen zu etablieren, allerdings sollte die Möglichkeit offen bleiben, auch schwierige und kritische Stimmen von beiden Seiten hart diskutieren zu können.

Hier ein längeres Interview mit Morris, das im letzten Oktober in der Jungle World erschien.