Donnerstag, 29.12.2022 / 18:14 Uhr

Taliban: Arbeitsverbot für weibliche NGO-Mitarbeiter in Afghanistan

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Gastbeitrag von Redaktion Mena Watch

In ihrem neuesten Schritt verbieten die Taliban nun auch den für die Bevölkerung lebenswichtigen Nichtregierungsorganisationen, Frauen zu beschäftigen.

 

Die Taliban-Verwaltung in Afghanistan hat am Samstag alle lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) angewiesen, ihre weiblichen Mitarbeiter nicht mehr zur Arbeit kommen zu lassen, ansonsten der Entzug der Lizenzen droht, wie aus einem Schreiben des Wirtschaftsministeriums an alle zugelassenen NGOs hervorgeht.

Das Ministerium begründet diese Entscheidung mit dem Ignorieren der islamischen Bekleidungsvorschriften und anderer Gesetze: »In letzter Zeit gab es ernsthafte Beschwerden über die Nichteinhaltung des islamischen Hidschabs und anderer Gesetze und Vorschriften des Islamischen Emirats. Infolgedessen ergeht die Anweisung, die Arbeit aller weiblichen Angestellten bei nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen auszusetzen.«

Kurz zuvor hatte die Regierung die Universitätsausbildung für alle weibliche Personen in Afghanistan untersagt. In einer vom Bildungsministerium veröffentlichten Erklärung hieß es, die Entscheidung sei in einer Kabinettssitzung getroffen worden und die Anordnung trete sofort in Kraft. In einer kurz darauf im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz erklärte der Minister für Hochschulbildung, die Taliban hätten Frauen von den Universitäten ausgeschlossen, weil diese sich nicht an die islamischen Bekleidungsvorschriften und andere »islamische Werte« gehalten hätten, wobei er sich auf Studentinnen bezog, die ohne männlichen Vormund reisten.

Die Maßnahme löste bei den Frauen in Afghanistan Empörung aus. Die neuen Einschränkungen sind ein weiterer Schritt im brutalen Vorgehen der Taliban gegen die Freiheiten der Frauen, nachdem die islamistische Gruppe im August 2021 die Macht im Land übernommen hatte.

Internationale Verurteilung

Unterdessen verurteilten die Vereinten Nationen die NGO-Ankündigung und erklärten, ein Treffen mit der Taliban-Führung zu arrangieren, um eine diesbezügliche Diskussion zu führen. »Frauen müssen in die Lage versetzt werden, in allen Bereichen des Lebens eine entscheidende Rolle zu spielen, auch bei der humanitären Hilfe. Ein Arbeitsverbot für Frauen würde die grundlegendsten Rechte von Frauen verletzen und wäre ein klarer Verstoß gegen die humanitären Grundsätze«, hieß es in der UN-Stellungnahme. »Diese jüngste Entscheidung wird die Schwächsten, insbesondere Frauen und Mädchen, nur noch mehr verletzen.«

Die UNICEF bezeichnete die Anordnung als »ungeheuerliche Einschränkung der Rechte von Mädchen und Frauen, die weitreichende Folgen für die Bereitstellung von Gesundheits-, Ernährungs- und Bildungsdiensten für Kinder haben wird«. »UNICEF steht an der Seite jedes Mädchens und jeder Frau in Afghanistan und fordert, dass die Taliban allen weiblichen humanitären Helfern unverzüglich erlauben, ihre lebensrettende Arbeit für gefährdete Familien und Gemeinschaften wieder aufzunehmen«, twitterte der Regionaldirektor von UNICEF Südasien, George Laryea-Adjei.

Auch Amnesty International rief dazu auf, das Verbot »sofort rückgängig zu machen« und forderte die Taliban dazu auf, »ihren Machtmissbrauch zu beenden«. »Frauen und Mädchen dürfen nicht dafür bestraft werden, dass sie ihre Grundrechte einfordern und verteidigen«, hieß es in einer Aussendung. »Das Recht auf Arbeit für alle Menschen, insbesondere für Frauen in Afghanistan, muss im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsgesetzen vollständig verwirklicht werden.«

Taliban-Sprecher Zabihullah Mudschahid reagierte auf die internationalen Aufrufe bloß mit der Aussage, der Westen solle sich »nicht in die inneren Angelegenheiten Afghanistans einmischen«.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch