Mittwoch, 22.06.2022 / 10:34 Uhr

Der globale Süden und seine Bildsprache

Von
Thomas von der Osten-Sacken

"Antisemitische Darstellungen dürfen in Deutschland, auch in einer weltweit ausgerichteten Kunstschau keinen Platz haben. Dies gilt ausdrücklich auch bei allem Verständnis für die Belange des Globalen Südens und die dort verwendete Bildsprache."

Diesen Satz gab Sabine Schormann, die Generaldirektorin der documenta von sich.

Daraus folgt:

a) Eine antisemitische Bildsprache im, von ihnen erfundenen globalen Süden ist ok, nur in Deutschland nicht, äh .. ja... ach.. wissen Sie, diese deutsche Vergangenheit und der Einfluss jüdischer Organisationen und unser Ruf im Ausland ...

b) Wir haben ja schon Verständnis - zwinker - wenn die da so eine Bildsprache benutzen. Aber das muss schon in Grenzen sein, also nicht zu heftig bitte. Israelkritik ist ja völlig legitim, nur ... äh ... ja, also das darf dann aber nicht zu sehr ausarten. Ein bisschen, damit das so auch gesagt werden kann, bei uns geht das ja nicht mehr so richtig, laden wir sie, also die aus dem globalen Süden, ja auch ein, aber die müssen dann schon auch die Grenzen kennen, sonst stehen wir so belämmert da, wie jetzt gerade. Und so richtig fair ist das dann nicht, weil wir wollten denen jetzt ja auch die Bühne geben, zu sagen, was sie denken uns so.

c) Natürlich geht es ihnen nicht um eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus, der, eine Rede eines iranischen Politikers reicht, es natürlich genau so in diesem ominösen globalen Süden gibt. Wer sich zwei Minuten Zeit nimmt, um "antisemitic caricatures Arab and Iran media" zu googlen, weiß, dass Antisemitismus ein globales Problem ist und niemand tut irgendwem ein Gefallen, dies zu leugnen.

d) Aber das ist der globale Süden und der ist aufgrund von Geschichte, Kolonialismus und Imperialismus halt schon so, dass wenn da wer zur Vernichtung Israels aufruft das ganz anders meint.

e) Natürlich kommen wir nie auf die Idee, dass es Teil der Verstrickung ist, dass hankennasige Juden indonesischer oder anderer Kultur in etwa so autochthon sind wie Micky Maus und ein Import aus dem "globalen Norden". Nur wie Micky Maus haben sie sich eben zu einer ganz internationalen Bildsprache entwickelt. Warum, wäre auf Weltkunstschauen eine durchaus zu diskutierende Frage.

f) Ich wage die Behauptung, dass die überwältigende Mehrheit der Bevölkerungen dieses globalen Südens der Staat Israel, der Nahostkonflikt und alles, was damit zusammenhängt, vollkommen gleichgültig ist. Und das ist gut so und sollte auch entsprechend betont werden.

g) Da es keine Bildsprache des globalen Südens gibt, muss sie erfunden werden. Der Prozess einer solchen Erfindung wird von genau den Eliten getragen, die sich davon Aufmerksamkeit, europäische Kulturförderung und ähnliches versprechen. Meist stammen diese so genannten Progressiven aus den akademischen Milieus ihrer Länder und haben in Europa oder den USA studiert. In der Tat mögen sie eine gemeinsame Ikonographie entwickelt haben, in der negativ Israel eine eine zentrale und verbindende Chiffre geworden ist.

Es ist immer eine recht kleine Gruppe, die mit ihrem obsessiven Hass solche Veranstaltungen hijackt, damit dann am Ende jede/r, die da ausstellt von irgend einem Journalisten gefragt wird: Wie halten Sie es eigentlich mit Israel?

Diese documenta dauert noch bis zum 25. September, wenn diese Szene sich in dem Tempo weiter dekonstruiert, dann bleibt da am Ende vermutlich nicht viel.

Mit dem "globalen Süden" hat das alles natürlich sehr wenig zu tun, es muss immer wieder betont werden, wenig zu tun, und man kann eigentlich nur hoffen, dass bald viele Künstlerinnen und Künstler dieses ganze Spektakel mit einem "Not in our name" entgegentreten.