Dienstag, 30.04.2019 / 21:49 Uhr

Der Kalif meldet sich zu Wort

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Manchmal gibt es selbst in so verrückten Zeiten wie den unseren Meldungen, die dürfte es einfach nicht geben:

„Erstmals seit knapp fünf Jahren ist der IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi wieder in einem Propaganda-Video erschienen. Die Aufnahmen wurden über Kanäle der Dschihadisten-Miliz ‚Islamischer Staat‚‘ (IS) veröffentlicht. (…) 

Bei den nun erschienenen Aufnahmen muss es sich um ein aktuelles Video halten. Baghdadi spricht darin von Vergeltung für die Niederlage in der syrischen Stadt Baghus. (…)

Baghdadi erwähnt in dem Video ebenfalls etwa die Wiederwahl von Israels Premier Benjamin Netanyahu Mitte April oder die jüngsten Anschläge in Sri Lanka. Die dortigen Angriffe vom Ostersonntag bezeichnete er als Rache für die Zerstörung des von den Extremisten ausgerufenen Kalifats.

Während noch immer fast eine halbe Million Jesidinnen und Jesiden in Lagern ihr Leben fristen müssen, fast täglich neue Massengräber entdeckt werden, Städte wie Mosul und Raqqa in Schutt und Asche liegen, kann dieser Kerl sich noch immer frei bewegen?

 Das Video ist etwa 18 Minuten lang. Zunächst war unklar, wo es aufgezeichnet wurde. Die Aufnahmen zeigen den IS-Anführer mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen. Er spricht zu drei Männern, deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden.“

Die Anti-IS-Koalition, die 2014 ins Leben gerufen wurde, besteht offiziell aus 79 Staaten und darunter befinden sich die wohl effektivsten Nachrichtendienste, Spezialtruppen und das modernste Militär. Die Mitglieder dieser Koalition haben angeblich die Fähigkeit jedes Telefonat abzuhören und mit Drohnen und Satelliten jeden Quadratmeter des Planeten zu überwachen. Und in fast fünf Jahren gelingt es nicht, diesen Massenmörder auszuschalten? Selbst nach der Zerschlagung des Kalifates, bei der zehntausende von Menschen ums Leben kamen, kann er sich irgendwo im Kreise seiner Mitjihadisten über Weltpolitik und Rache auslassen und kein Haar scheint ihm gekrümmt?

Während noch immer fast eine halbe Million Jesidinnen und Jesiden in Lagern ihr Leben fristen müssen, fast täglich neue Massengräber entdeckt werden, Städte wie Mosul und Raqqa in Schutt und Asche liegen, kann dieser Kerl sich noch immer frei bewegen?

In all den Jahren konnten sie Abu Bakr al-Baghdadi nicht aufspüren? Am Ende lebt er gar irgendwo ganz ruhig wie es Osama bin Laden in Pakistan tat, bevor endlich die Navy Seals sein Anwesen stürmten? So also sieht das verkündete Ende des IS aus? Dass der Anführer der bislang brutalsten und barbarischsten Jihadistentruppe entkommen konnte und nun im Guerilla-Outfit zu neuen Morden aufruft?

Eine kleine Hoffnung bleibt: Dass ihm dieser Auftritt zum Verhängnis wird, dass irgend ein Mitarbeiter einer der unzähligen Nachrichtendienste der 79 Mitglieder der Anti-IS-Koalition dann doch einen Hinweis findet, wo der Kerl sich versteckt hält und eine weitere Einheit der Navy Seals sich auf den Weg macht.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch