Donnerstag, 06.12.2018 / 11:20 Uhr

Söhne an der Macht

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Einer der vielen Gründe für den Ausbruch des so genannten Arabischen Frühling bestand auch darin, dass die Menschen in der Mena-Region die Nase voll hatten und haben von Familiendynastien, die ihre Länder wie Privatbesitz behandeln. In Ägypten etwa mochte man Hosni Mubarak wenig, sein Sohn, der die Präsidentschaft übernehmen sollte, war regelrecht verhasst. Wo man hinblickt waren es die Söhne von politischen Führern, die meist durch einen Putsch an die Macht kamen, die ihre Väter beerben sollten.

Blut ist eben dicker als Wasser.

Ob Qusai und Udai im Irak, die zwei Sprösslinge Saddams, die bis zu ihrem gewaltsamen Ableben vor allem durch Frauengeschichten und Grausamkeiten von sich reden machten. Oder Bashar al-Assad in Syrien, der Sohn, der das Land in blutiges Chaos stürzte. Sie alle sprechen der republikanischen Staatsform Hohn und zugleich sagt es viel über den Zustand der Region aus, dass auch nichtmonarchistische  Staaten mit wenigen Ausnahmen de facto seit Jahrzehnten von ein paar Familien regiert werden.

 

Der "andere Irak"?

Leider sieht es in Irakisch-Kurdistan, das sich doch so gerne als der „andere Irak“ präsentiert und dessen Regierungsvertreter nicht müde werden, auf internationalen Konferenzen zu erklären, wie fortschrittlich man doch sei, nicht viel anders aus.

Irakisch-Kurdistan bleibt fest in Händen von ein paar Familien, denen zugleich die wichtigsten Unternehmen und  Medien gehören.

Schon in der Vergangenheit wirkte es wenig überzeugend, dass der Präsident der Region, Massoud Barzani, zugleich Onkel von Premier Narchivan Barzani ist, und auch ansonsten die Barzani Familie unzählige andere Schlüsselpositionen in Politik und Militär innehat. Die Kurdische Demokratische Partei (KDP) wird von bösen Zungen gerne als Familienbetrieb bezeichnet und unternimmt wenig, solche Kritik zu entschärfen. Zwar sieht es bei der Konkurrenz von der Patriotischen Union (PUK) nur wenig besser aus, genau so einflussreich allerdings ist die Familie des kürzlich verstorbenen Jalal Talabani allerdings nicht.

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(Bild: Vater und Sohn)

Als nach Abhaltung eines missglückten Unabhängigkeitsrefendums im September 2017, das vor allem eine Idee der KDP war, diese enorm an Einfluss im Irak einbüßte und die Kurden große Teile der seit 2014 von ihnen außerhalb der Autonomieregion kontrollierten Gebiete an den Zentralirak verloren, trat Massoud Barzani öffentlichkeitswirksam als Präsident zurück. Damals gab es vage Hoffnung, dass überhaupt das Präsidialsystem Irakisch-Kurdistans nun abgeschafft und in ein parlamentarisches verwandelt würde, wie es im Restirak der Fall ist. Seit langem schon fordern Oppositionelle grundlegende Verfassungsänderungen für die Region, auch um die Macht der einzelnen Familien zu beschneiden.

 

Hoffnungen enttäuscht

Solche Hoffnungen erweisen sich als grundlos. Nach den letzten Wahlen im September zeigt die KDP keinerlei Willen oder Interesse an Veränderungen. Kürzlich stellte sie, die als stärkste Kraft aus dem Urnengang hervorging, ihre Kandidaten für die höchsten Ämter vor. Und die heißen: Barzani und Barzani. Der ehemalige Premier Narchivan soll nun zum Präsidenten gekürt werden und Masrour, einer der Söhne des zurückgetretenen Massoud, soll Premierminister werden. Damit demonstrieren Familie und Partei, dass es nur ein ‚Weiter so‘ geben wird und man sich wenig darum schert, dass Iraksich-Kurdistan weiterhin wie ein Familienbesitz wirkt. Die PUK ihrerseits spielt mit und erklärte sich mit den Nominierungen einverstanden, solange sie die jeweiligen Stellvertreter stellen wird.

Damit bleibt Irakisch-Kurdistan fest in Händen von ein paar Familien, denen zugleich die wichtigsten Unternehmen und  Medien gehören. Familienmitglieder kontrollieren auch Milizen und Geheimdienste. Blut ist eben dicker als Wasser.

Während also im chaotischen Restirak die Regierungen wechseln  und die Bevölkerung sich langsam daran gewöhnt, dass Präsidenten und Premierminister kommen und gehen, bleibt in Kurdistan mehr oder weniger alles beim alten.  Oder anders ausgedrückt: Die Söhne übernehmen. Das nur ist bislang in keinem dieser Staaten auf Dauer gutgegangen. Irakisch-Kurdistan wird da wohl kaum die Ausnahme bilden.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch