Dienstag, 30.10.2018 / 00:02 Uhr

Abschiebung in den Tod?

Von
Amed Sherwan

Als politischer Gefangener vom iranischen Regime ermordet. Nun droht seinem Bruder dasselbe Schicksal. Arbeitet Deutschland mit den Verfolgern zusammen?

Der kurdische Oppositionelle Ramin Hussein Panahi ist trotz internationaler Proteste am 8. September 2018 vom iranischen Regime grausam hingerichtet worden. Zahlreiche internationale Medien berichteten von dem unfairen Urteil. Nun droht seinem Bruder Amjad Hossein Panahi dasselbe Schicksal.

„Iranische Regierungsangehörige haben mir gedroht, dass sie mich kriegen werden,“ berichtet Amjad Hossein Panahi mir heute persönlich am Telefon. Er lebt seit sieben Jahren in Deutschland und ist seit 2011 als Flüchtling anerkannt. Aus Deutschland hat er sich in Zusammenarbeit mit internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen für seinen inhaftierten Bruder eingesetzt.

Die Mitgliedschaft in der kurdischen Oppositionspartei ist im Iran nicht unter Todesstrafe gestellt. Ramin und seinen Mitgefangenen sind aber stattdessen Waffenbesitz und Widerstand gegen Sicherheitsbehörden vorgeworfen worden. Und obwohl Amnesty International den Prozess als grob unfair kritisiert und schwerer Foltervorwürfe erhoben hat, ist das Urteil im September 2018 vollstreckt worden.

Keine drei Monate nach dem Tod seines Bruders erreicht Amjad nun ein Schreiben des BAMF (Bundesamts für Migration und Flüchtlinge) vom 23. Oktober 2018 mit der Ankündigung, dass ein Rücknahmeverfahren seines Aufenthaltsstatus eingeleitet worden sei, weil Amjad bei seiner Anhörung angeblich falsche Tatsachen angegeben habe und die Bedrohung daher nicht glaubhaft sei.

Er habe 2011 zum Beispiel angegeben, sein Bruder Anwar sei seit 4 Jahren inhaftiert und dessen Todesstrafe auf 16 Jahre Haft verkürzt. Er hätte daher erst 2023 hätte freigelassen werden sollen. Genau dieser Bruder habe Amjad aber nachgewiesenermaßen schon 2016 in einer Behördensache per Vollmacht im Iran vertreten.

Amjads Bruder Anwar ist aufgrund internationaler Proteste tatsächlich schon 2014 frühzeitig entlassen worden und hat ihn deshalb per Vollmacht vertreten können. Amjads Aussage ist zum Zeitpunkt der Anhörung wahrheitsgemäß gewesen und das Bedrohungsszenario seither nicht abgeschwächt worden – im Gegenteil.

Amjad gehört einer Familie kurdischer Oppositioneller im Iran an. Sein Bruder Ashraf ist bereits vor 10 Jahren entführt und ermordet worden. Sein Bruder Anwar ist 2007 inhaftiert und zum Tode verurteilt worden, aber glücklicherweise 2014 freigelassen worden. Seine Brüder Afshin und Ramin sind 2017 beide in einen iranischen Hinterhalt gelangt. Ramin ist gehängt worden, Afshin sitzt weiter in Haft. Neben Amjad ist auch sein Bruder Rafir inzwischen nach Deutschland geflüchtet.

„Warum erreicht mich das Schreiben des BAMF gerade jetzt?“ fragt sich Amjad Hussein Panahi nicht zu Unrecht. Es wirkt auch auf mich so, als habe die iranische Regierung den deutschen Behörden ganz gezielt Informationen zugespielt, die so auslegt werden könnten, als habe Amjad das Bedrohungsszenario vorgetäuscht. Die Vorstellung ist mehr als beunruhigend, denn eine Abschiebung bedeutet für Amjad den sicheren Tod.