Donnerstag, 08.06.2017 / 15:40 Uhr

Land gegen Frieden

Von
Jörg Rensmann

Israel hat keinen existierenden, souveränen palästinensisch-arabischen Staat besetzt. Das gilt für das Territorium des Staates Israel nach der Staatsgründung 1948, wie auch für die im Sechstagekrieg eroberten Territorien, die Westbank und den Gazastreifen. Bis 1967 stand der Gazastreifen unter ägyptischer Verwaltung, die Westbank wurde 1950 von Jordanien annektiert. Israel hat nach seinem Erfolg im Krieg von 1967 den arabischen Staaten sofortige Friedensverhandlungen angeboten. 

Die arabische Antwort kam am 1. September 1967: »Kein Frieden mit Israel, keine Anerkennung Israels, keine Verhandlungen mit Israel.« Die Behauptung, dass jede Besatzung – ohne Rücksicht auf die Gründe ihrer Entstehung und ihres weiteren Bestehens – illegal sei, steht nicht in Übereinstimmung mit den Prinzipien des internationalen Rechts. Das internationale Rechtssystem erklärt Besatzung nicht per se zu Unrecht. Es nutzt internationale Konventionen und Vereinbarungen, um eben solche Situationen zu regeln. Die bis heute wichtige Resolution 242 (1967) des UN – Sicherheitsrates soll das Verhältnis von Besatzungsmacht und -zeit zu Frieden und Friedensverhandlungen präzisieren und sollte den Rückzug aus den von Israel besetzten Gebieten mit der Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens verknüpfen. 

Die Resolution führte das Prinzip »Land gegen Frieden« ein – die Rückgabe von besetzten Gebieten gegen die Anerkennung des jüdischen Staates in sicheren Grenzen, wobei der Zeitpunkt für einen Rückzug bewusst nicht festgelegt wurde. Im Zuge des Oslo-Friedensprozesses ab 1993, der ja auf dem Prinzip »Land gegen Frieden« fußt, zog sich die israelische Militärverwaltung aus fast allen Ballungsräumen des Westjordanlandes zurück. Im Jahr 2005 zog sich Israel einseitig und ohne Vorbedingungen aus dem Gazastreifen zurück. 

Die Grundprinzipien des traditionellen Besatzungsrechts verlangen, dass der Besatzer für die Dauer der Besatzung die Kontrolle über die Angelegenheiten des besetzten Gebietes übernimmt. Viele Staaten behalten Gebiete, die im Krieg übernommen wurden – besonders im Fall von Verteidigungskriegen –, bis ein Friedensvertrag vereinbart ist. Bezüglich der Westbank und des Gazastreifens hat Israel versucht eine friedliche Lösung für den Status dieser umstrittenen Gebiete zu verhandeln. Wenn es nach einem Krieg der angegriffenen Partei gelingt, einen Teil des feindlichen Territoriums zu besetzen, hat sie damit eine Bedrohung abgewendet. 

Sie kann das eroberte Territorium nun vorläufig für eine Verpfändung ihres militärischen Erfolges behalten und damit dem Aggressor auferlegen, Friedensbedingungen zu formulieren. Es kommt darauf an festzustellen, welche Seite mit welchen Bedingungen mögliche Friedensverhandlungen erschwert oder unmöglich macht. Dabei spielen Sicherheitserwägungen eine wichtige Rolle. Welche Konfliktseite macht glaubwürdige Verhandlungsangebote, und welche Seite torpediert sie? Für die Beurteilung dieser Frage sollte die grundsätzliche Bereitschaft zum friedlichen Ausgleich berücksichtigt werden, die kaum in einer Aufstachelung zum Hass in Medien und Bildungseinrichtungen bestehen kann.