07.08.2025
Die Militärjunta in Myanmar plant eine Wahlfarce

Auf zur Wahlfarce

Myanmars Militärjunta beendet den Ausnahmezustand und will sich mit einer auf regimetreue Parteien begrenzten Wahl Legitimität verschaffen

Die von vielen Seiten bedrängte Militärjunta in Myanmar ist bestrebt, einzelne Restriktionen zurückzunehmen und mit einer eng reglementierten Parlamentswahl die weitgehende internationale Ächtung zu beenden. Ende Juli wurde der Ausnahmezustand, nach dem Putsch vom 1. Februar 2021 verhängt und seither im Halbjahresrhythmus verlängert, aufgehoben. Zugleich löste sich das State Administration Council (SAC), wie sich das zentrale Gremium der Junta nannte, formell auf. Seine Befugnisse gehen zum Teil auf eine neugestaltete Regierung, überwiegend aber den Nationalen Sicherheitsrat über.

Mit solchen kosmetischen Maßnahmen sind der Machthaber General Min Aung Hlaing und seine Clique bemüht, internationale Reputation zurückzugewinnen. Bisher ist das Regime vor allem seitens der EU-Staaten, der USA und weiterer mit ihnen verbündeter Staaten wie Japan und Australien mit Sanktionen belegt. Im südostasiatischen Staatenbund Asean, dessen neun übrige Mitglieder sich im Umgang mit der Militärdiktatur nicht komplett einig sind, werden hochrangige Vertreter Myanmars zumindest von Konferenzen ausgeschlossen.

Die NLD darf wie viele andere Gruppierungen nicht zur Wahl antreten. Viele ihrer einstigen Führungskader sitzen im Gefängnis.

Bisher war dieser Paria­status Min Aung Hlaing relativ egal. Er steht in der Tradition früherer Diktatoren wie Ne Win ab 1962 und zuletzt bis 2011 Senior General Than Shwe. Schließlich konnte sich Min Aung Hlaing der besonders wichtigen Unterstützung Chinas, der traditionellen Schutzmacht der Herrscher Myanmars, sicher sein. Auch Russland, Pakistan und Indien unterhalten gute Beziehungen zur Junta und und machen mit ihr unter anderem Rüstungsgeschäfte.

Der anhaltende Bürgerkrieg und bedeutende Erfolge der zahlreichen Gegner der Junta haben diese aber in Bedrängnis gebracht. Effektiv kontrolliert die Putschregierung, trotz kleinerer Rückeroberungserfolge in den vergangenen Wochen, kaum noch ein Fünftel des Landes. Zuletzt hatten die USA unter Präsident Donald Trump bestimmte Sanktionen gegen einzelne mit dem Regime verbundene Wirtschaftsvertreter aufgehoben. Und sogar das kleine, als neues Vollmitglied in die Asean drängende Timor-Leste (Osttimor), früher ein scharfer Kritiker der Putschisten, schien zuletzt aus Eigennutz ein gutes Verhältnis zur Generalsriege anzustreben.

Zumindest einen Teil seiner Ämterfülle gibt Min Aung Hlaing nun auf. Neuer Ministerpräsident ist seit Juli sein enger Vertrauter und bisheriger Berater General Nyo Saw. Allerdings bleibt Min Aung Hlaing Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Präsident, seine Vollmachten in diesen Funktionen haben sich nun eher noch erweitert. Zaw Min Tun, der Pressesprecher des Militärs, verkündete zudem, Wahlen würden »binnen sechs Monaten« stattfinden – also bis spätestens 31. Januar. Bisher war ein Wahldatum noch in diesem Kalenderjahr geplant. In etlichen Distrikten ist wegen des Bürgerkriegs eine Wahl gänzlich unmöglich. Die Vorbereitungen, etwa zur Erstellung von Wählerlisten, gehen aber weiter.

Opposition ausgeschlossen

Insgesamt sind 55 regimetreue Parteien zugelassen, darunter neun mit landesweiter Präsenz. Unter diesen ist die wichtigste Kraft die Union Solidarity and Development Party (USDP). Sie entstand dereinst aus der Massenorganisation der früheren Junta 2010 kurz vor damaligen Wahlen unter dem späteren Übergangspräsidenten Thein Sein. Bei der ersten demokratischen Wahl 2016 unterlag sie mit nur 30 Prozent Stimmenanteil – und gut acht Prozent der Sitze – mehr als deutlich der mit absoluter Mehrheit siegreichen National League for Democracy (NLD).

Diese ist die Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und gewann auch die Wahlen 2020 mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen, wurde um diesen Sieg aber durch den Putsch betrogen. Die vormalige demokratische Regierungschefin, im Juni 80 Jahre alt geworden und gesundheitlich angeschlagen, sitzt eine aus mehreren Verurteilungen resultierende lange Haftstrafe ab – inzwischen wurde sie in Hausarrest verlegt. In diesem hatte sie schon unter der vorherigen Diktatur viele Jahre zugebracht.

Bei den Scheinwahlen ist die vielgestaltige demokratische Opposition ausgeschlossen. Die NLD, die ihren Parteistatus verloren hat, darf wie viele andere Gruppierungen nicht antreten. Viele ihrer einstigen Führungskader sitzen im Gefängnis, wo einige Prominente schon wegen der schlimmen Haftbedingungen gestorben sind. Andere sind untergetaucht.

3,6 Millionen Menschen sind geflohen

2020 gewählte Abgeordnete hatten nach dem Putsch im Untergrund die Nationale Einheitsregierung (NUG) aus der Taufe gehoben, deren Streitkräfte (People’s Defence Forces, PDF) im Bündnis mit bewaffneten Organisationen der diversen ethnischen Minderheiten einen opferreichen Krieg gegen die Junta führen. Vor allem die von den drei Rebellenarmeen der Three Brotherhood Alliance geführte Offensive im Nordosten und Westen hat der Junta schwer zugesetzt.

Durch anhaltende Kämpfe und intensivierte Luftangriffe des Regimes sind inzwischen 3,6 Millionen Menschen aus ihren Herkunftsorten geflohen. Weiterhin läuft die Zwangsrekrutierung neuer Soldaten – Männer von 18 bis 35 Jahren und Frauen bis 27 werden von der Junta prinzipiell in den Militärdienst gepresst. Die humanitäre Lage ist durch den Bürgerkrieg, wirtschaftlichen Niedergang sowie Naturkatastrophen, zuletzt das Erdbeben vom 28. März mit Epizentrum nahe der zweitgrößten Metropole Mandalay, desaströs.