Jungle+ Artikel 24.07.2025
Olivier Mannoni, Übersetzer, im Gespräch über die neue französische Übersetzung von »Mein Kampf«

»Das Vokabular der Nazis war eines der Angst«

Vor 100 Jahren erschien Hitlers Propagandaschrift »Mein Kampf«. Zunächst ein absoluter Flop, erreichte sie im Lauf der nationalsozialistischen Herrschaft Massenauflagen; um die zwölf Millionen Exemplare wurden in Deutschland bis Kriegsende schätzungsweise gedruckt. Die »Jungle World« sprach mit dem französischen Übersetzer Olivier Mannoni über seine Mitarbeit an der kritischen Neu­übersetzung ins Französische, die Unverständlichkeit von Hitlers Sprache und darüber, wie die nationalsozialistische Sprache dauerhaft in den politischen Wortschatz eingesickert ist – und noch die Gegenwart prägt.

Seit wann gibt es eine französische Übersetzung von »Mein Kampf«?
Das Buch wurde erstmals 1934 ins Französische übersetzt, mit dem Ziel, es einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Nicht aus Propagandagründen, sondern um zu zeigen, wie sehr dieser Text bereits die Gefahren ankündigte, die er einerseits für Frankreich und andererseits für die Juden mit sich bringen würde.
Die Veröffentlichung war das Ergebnis einer eigentlich unfassbaren Zusammenarbeit zwischen der Action française – also rechtsextremen Antisemiten – und den Leuten der Lica (Internationale Liga gegen Antisemitismus) – der Vorgängerorganisation der heutigen Licra (in Auftrag gegeben wurde die Übersetzung vom Ministerium für Kriegsveteranen, die Veröffentlichung erfolgte in geheimer Zusammenarbeit mit der Lica durch den faschistischen Verleger Fernand Sorlot, der den Verlag der Action française führte. Gegner und Befürworter wollten, wenn auch aus gegensätzlichen Gründen, eine vollständige Übersetzung des Werks; Anm. d. Red.). Bei dieser Übersetzung wurde der deutsche Text stark überarbeitet, um ihn relativ lesbar und verständlich zu machen.

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