Jungle+ Artikel 03.07.2025
Am Samstag startet die 112. Tour de France – den Dopingverdacht kann sie nicht abschütteln

Pogačars Geheimnis

Die Tour de France geht los – über ihr hängt wie gewöhnlich Dopingverdacht, auch wenn lange kein Fall mehr offiziell festgestellt wurde. Unterdessen planen führende Profiteams gemeinsam mit saudischen Investoren, das Radsportgeschäft neu auszurichten.

Es ist mal wieder so weit: Am 5. Juli startet die Tour de France zum 112. Mal. Dieses Jahr beginnt das größte Radrennen der Welt in der nordfranzösischen Stadt Lille. Millionen pilgern zu den sagenumwobenen Etappenorten, campen in der Umgebung und feiern das savoir vivre. Bunte Werbekarawanenwagen der Sponsoren rauschen dem Fahrerfeld voraus und verteilen vor jeder Etappe Goodies an die Fans.

Nach unzähligen Doping-Skandalen in den neunziger und nuller Jahren um Lance Armstrong, Jan Ullrich und Co., die das bunte Spektakel in Verruf gebracht hatten, wird die Tour nun wieder populärer. Faszinierend sind nicht nur die Duelle der Favoriten um die Gesamtwertung, die knappen Sprinterfolge, die ausdauernden Kletterpartien, halsbrecherischen Abfahrten oder Verletzlichkeit offenbarenden Stürze – es ist der Topos des qualvollen und entbehrungsreichen Kampfes des Menschen gegen die unüberwindbar scheinende Natur, den die »Tour der Leiden« verkörpert.

In den fünfziger Jahren schrieb Roland Barthes: »Den Rennfahrer aufzuputschen, ist ebenso verbrecherisch, ebenso ruchlos wie der Versuch, Gott nachzuahmen; Doping heißt, Gott das Privileg des Funkens zu stehlen«.

Schon Roland Barthes deutete sie in seinem 1957 erschienenen Buch »Mythen des Alltags« als eine moderne Form des antiken Epos, eine schicksalhafte Irrfahrt des heldenhaften Pelotons durchs französische Hinterland: »Wie in der Odyssee ist die Fahrt hier eine Rundfahrt von einer Prüfung zur nächsten und zugleich totale Erforschung der Grenzen der Welt.« Der Mensch werde dabei naturalisiert und die Natur vermenschlicht. Das zeige sich am deutlichsten am wohl berüchtigsten Tour-Berg, dem Mont Ventoux, der sich aus den Ebenen der Provence erhebt, laut Barthes »ein Gott, dem man Opfer bringen muss«.

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