03.07.2025
Neues von Angel Bat Dawid, Naima Nefertari und Damian John Harper

Ancient-Cosmic-Jazz-Ambient-Trip und Virtuosität im Kino

Popkolumne. Recherchen in der nubischen Wüste und im Ruhrgebiet.

Wie sieht eigentlich die Geschichte der Astronomie aus, wenn man sie nicht durch die eurozentrische Brille betrachtet? Uns bekannt sind Astronomen von Galilei bis Neil deGrasse Tyson. Was aber, wenn die ersten Astronom:innen aus Afrika kamen?

Die Vinyl-Ausgabe von »Journey to Nabta Playa« mit einem informativen Heft voller assoziativer Gedankenspiele bietet einen abgedrehten Ancient-Cosmic-Jazz-Ambient-Trip heraus aus dem irdischen Blues dieser Tage.

Die Musikerinnen Angel Bat Dawid und Naima Nefertari folgen auf dem Album »Journey to Nabta Playa« dieser Frage und rücken die womöglich ältesten archäoastronomischen Monumente der Welt in den Mittelpunkt ihrer Klangforschung: ein prähistorisches Observatorium in der nubischen Wüste, das vermutlich zur Bestimmung der Sommersonnenwende errichtet wurde und rund 2.000 Jahre älter als Stonehenge sein soll!

Ob es schwarze Menschen waren, die diese überdimensionale Sonnenuhr errichteten, ist in der Wissenschaft umstritten. Musikalisch lohnt sich die inspirierende Mischung aus Modularsynthesizern, Field Recordings und Jazz mit vielen Don-Cherry-Referenzen allemal. Die Vinyl-Ausgabe mit einem informativen Heft voller assoziativer Gedankenspiele bietet einen abgedrehten Ancient-Cosmic-Jazz-Ambient-Trip heraus aus dem irdischen Blues dieser Tage.

Albumcover


Mitten in die menschliche Hölle der trostlosesten Ecken des Ruhrgebiets katapultiert einen der dennoch sehenswerte Thriller »Frisch« von Damian John Harper. Frisch geschlachtet sind die Schweine, die der 24jährige Kai gemeinsam mit seinem Onkel, der ihn großgezogen hat, in einem Schlachthof in Duisburg zerteilt.

Mit dem kargen Lohn dieser deprimierenden Arbeit kommt seine kleine Familie kaum über die Runden. Deshalb hat er die 10.000 Euro, die er eigentlich für seinen psychopathischen Bruder Mirko aufbewahren sollte, auch schon größtenteils ausgegeben. Doch dann wird Bruderherz überraschend aus dem Knast entlassen und Kai setzt unter dem massiven Druck Mirkos alles daran, das Geld wieder aufzutreiben.

Die filmische Adaption des hochgelobten Romans »Fresh« des Schotten Mark McNay – Schauplatz ist dort die englische Kleinstadt Royston nicht weit von London – überzeugt durch hohes Tempo, atmosphärische Dichte und die großartige Besetzung: Louis Hofmann spielt Kai, Frank Pätzold verkörpert seinen hochgradig unberechenbaren Bruder. Virtuos wechselt der Film zwischen Rückblenden und Gegenwart – so etwas hat man im deutschen Kino selten erlebt. Inklusive der brutalen Gewaltexzesse Mirkos, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.