»Journalisten werden als Feind markiert«
Beim Internationalen Frauentag am 8. März sind Sie selbst Ziel eines Angriffs geworden. Was ist passiert?
Der Videojournalist Yalcin Askin vom Verein Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) und ich saßen in einem Kreuzberger Café, um uns auf die Berichterstattung über die Demonstration »Internationaler feministischer Kampftag« vorzubereiten und etwas zu essen. Plötzlich wurden wir von ungefähr acht Frauen an einem Nachbartisch als »Zionisten«, »Faschisten« und »Islamfeinde« bezeichnet und bedrängt. Wir wurden aufgefordert zu gehen. Den Kollegen Askin haben sie körperlich angegriffen und verletzt, sie haben versucht, uns festzuhalten und Askins Kamera wegzunehmen. Ich konnte mich befreien und Hilfe holen, während Askin von mehreren Personen blockiert wurde. Wir haben eine Anzeige erstattet.
Die DJU spricht davon, dass die pressefeindliche Gewalt ganz neue Dimensionen erreicht hat, inwiefern?
Pressefeindlichkeit ist nicht neu. Besonders Kolleg:innen, die über Rechtsextremismus berichten, kennen das schon lange. Auch im Zuge der »Coronaproteste« gab es viele solcher Vorfälle. Seit dem 7. Oktober 2023 werden Journalist:innen auf Versammlungen aber ganz besonders ins Visier genommen. Sie werden abfotografiert und gefilmt, in sozialen Medien als Feind markiert. Es wurden sogar Aufkleber produziert mit dem Gesicht des Taz-Reporters und Jungle World-Autors Nicholas Potter und dem Spruch »The German Hurensohn« – was für ein Aufwand! Seit Potter das Problem öffentlich benannt hat, wird in sozialen Medien fast im Minutentakt darüber geschrieben. Die Szene ist regelrecht empört darüber, dass er die Pressefreiheit für sich beansprucht.
»Der Höhepunkt der Versammlungen im Sommer 2024 mit 5.000 bis 6.000 Teilnehmern ist längst überschritten.«
Von wem gehen diese Angriffe und Anfeindungen aus?
Es sind Männer und Frauen, alle möglichen Altersgruppen bis hin zu Jugendlichen, die Journalist:innen angreifen. Auffällig ist, dass es viele Wiederholungstäter gibt. Vor allem die islamistische und die »linke«, antiimperialistische Szene zeigen sich pressefeindlich und gewaltbereit. Man spricht pauschalisierend abfällig über »die deutsche Presse«, die angeblich einen »Genozid« in Gaza leugnet. Ich nehme die Presse in dieser Frage übrigens durchaus vielfältig wahr. Es gibt doch auch Medien, die die Position der Palästina-Proteste eins zu eins abbilden oder zumindest sympathisierend über sie berichten.
Was tut Ihre Gewerkschaft, um Journalist:innen zu helfen?
Unter anderem dokumentieren wir die Übergriffe und geben unseren Mitgliedern Rechtsschutz, damit sie sich bei Angriffen auf dem verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Weg wehren können.
Wie wird es in Zukunft weitergehen mit den antiisraelischen Versammlungen?
Der Höhepunkt im Sommer 2024 mit 5.000 bis 6.000 Teilnehmern ist längst überschritten. Es gibt zwar so gut wie jede Woche Kundgebungen und Demonstrationen, aber es sind deutlich weniger Teilnehmer. Diese sind dann aber oft eher gewaltbereit. Die Auseinandersetzung mit der Polizei wird bewusst gesucht, Auflagen werden nicht eingehalten, um eine Reaktion der Polizei und entsprechende Bilder zu erzeugen, immer mit dem Staat als Gegner. Mit der Gewalt auf der Straße begibt sich diese Szene aber immer mehr ins Abseits. Viele Menschen wollen da nicht hineingezogen werden.