Immer schön auf dem Flokati bleiben
»Junge Menschen wurden Greise/Wenn Keith Jarrett klimperte/Auf dem Flokati litt ganz leise/Wer vorher fröhlich pimperte«, spottete Wiglaf Droste über das Album »The Köln Concert« von Keith Jarrett. In den siebziger Jahren war es in deutschen Haushalten so verbreitet wie Che-Guevara-Poster und Erich-von-Däniken-Bücher.
Ausgiebig von Jazz und Jarrett erzählen
Das komplett improvisierte Solo-Pianokonzert schrieb Musikgeschichte; bis heute ist das Album die erfolgreichste Solo-Jazzplatte aller Zeiten. Der Film »Köln 75« von Ido Fluk erzählt die backstory dieses legendären Konzerts in der Kölner Oper und stellt die Konzertveranstalterin Vera Brandes, mitreißend von Mala Emde verkörpert, in den Mittelpunkt. Voller Enthusiasmus organisierte die erst 18jährige Zahnarzttochter und Jazzfanatikerin das Konzert, trotz allergrößter technischer Widrigkeiten.
Jarrett hasst diese Aufnahme bis heute. Die Konservierung eines Improvisationskonzerts, das für den Moment gedacht war, widerspricht seinen künstlerischen Vorstellungen. Deshalb durften im Film keine Originalaufnahmen seines Kölner Konzerts verwendet werden. Um Jarrett, der faszinierend von John Magaro gespielt wird, dem Publikum näherzubringen, lässt der Film den Journalisten Michael Watts (Michael Chernus) reden. Watts fährt am Vorabend des Konzerts mit dem Jazzpianisten und seinem Manager im klapprigen R4 nach Köln und er nutzt die Gelegenheit, um ausgiebig von Jazz und Jarrett zu erzählen.
Der Haushaltsroboter, der noch in den Hochzeiten von Flokati, Palmolive-Werbung und Toast Hawai programmiert wurde, hat ein völlig veraltetes Frauenbild und macht der Familie das Leben bald zur Hölle.
Die alte BRD lebt! Auch in der Netflix-Serie »Cassandra«. Eine Familie zieht in einen Bungalow aus den siebziger Jahren, das älteste Smart Home Deutschlands, viele Jahre, nachdem der ursprüngliche Besitzer ums Leben gekommen ist. Dort erwacht nun die vor sich hinschlummernde KI-Haushaltshilfe aus dem Dornröschenschlaf.
Der Haushaltsroboter, der noch in den Hochzeiten von Flokati, Palmolive-Werbung und Toast Hawaii programmiert wurde, hat ein völlig veraltetes Frauenbild und macht der Familie das Leben bald zur Hölle. Richtig gruselig ist das aber alles nicht, abgesehen von der Schlagermusik der damaligen Zeit und den Vorstellungen von Ehe und Familie. Dabei sind die Dialoge teilweise so unfreiwillig komisch, dass die Serie schon wieder Kultpotential in sich birgt.