06.02.2025
Magdalena Saiger erzählt die Geschichte der Liebermann-Villa

Mit Liebermanns Augen

Magdalena Saigers poetischer Roman »Am Wasser das Haus« geht die Sommerresidenz von Max und Martha Liebermann mit dem weitläufigen Garten ab und lässt seine Bewohner sprechen.

Es ist fast schon Mode geworden, wichtige Intellektuelle und Künstler des 20. Jahrhunderts wie Theodor W. Adorno, Hannah Arendt oder Thomas Mann zu Figuren von Romanen zu machen, die zwischen Biographie, Fiktion, Essay und Recherche changieren. Auch Magdalena Saiger nähert sich in »Am Wasser das Haus« auf diese Weise ihrem Protagonisten Max Liebermann an.

Aus respektvoller Distanz wird das Schicksal Martha Liebermanns erzählt, die von den Nazis nach dem Tod von Max 1935 gezwungen war, das Haus unter Wert zu verkaufen. Dem Vernichtungslager entkommt sie durch die Selbsttötung, die qualvoll war.

Es geht um die Zeit, als der aus einer preußisch-jüdischen Fabrikantenfamilie kommende Maler die von ihm entworfene »Liebermann-Villa« am Wannsee errichten lässt. Dorthin zieht sich der alternde Künstler und mutlos gewordene Präsident der Akademie der Künste vor den Aufmärschen der erstarkenden NSDAP im Zentrum Berlins zurück.

Die Geschichte der Gartenvilla, ein wiederkehrendes Motiv seiner späten, im Stil des Impressionismus gemalten Bilder, verfolgt die Autorin von der Planung bis zur heutigen Nutzung als Museum. Mit Liebermann schaut man durchs Schilf Enten und Ruderbooten zu. Aus respektvoller Distanz wird das Schicksal Martha Liebermanns erzählt, die von den Nazis nach dem Tod von Max 1935 gezwungen war, das Haus unter Wert zu verkaufen. Dem Vernichtungslager entkommt sie durch die Selbsttötung, die qualvoll war.

Magdalena Saiger

Magdalena Saiger, geboren 1985, studierte Germanistik und Geschichte in Berlin und Madrid und promovierte an der Universität Hamburg über »Wanderungen eines Ortes: Das Gelände der Alten Messe, Belgrad«. Sie lebt in Hamburg.

Bild:
Philipp Schmidt

In tastender, schwereloser Sprache zeichnet Saiger Skizzen eines sich wandelnden Ortes, dessen landschaftliche Schönheit auch erzwungenen Umwidmungen trotzt. Wechselnde Bewohner bemächtigen sich der Sommerresidenz mit dem weitläufigen Garten. Nach den Liebermanns zieht die Reichspost, nach dem Krieg ein Krankenhaus und später ein Tauchclub ein.

Dabei sind die aus der Perspektive von Max und Martha Liebermann erzählten Kapitel wesentlich intensiver als die folgenden. Nicht nur, dass der flirrende Stil es schwer macht, die Stimmen der späteren Bewohner zuzuordnen, anders als beim Schicksal des berühmten Künstlerpaares erlahmt auch das Interesse. Der überragende Teil zu den Liebermanns ist daher sowohl Stärke als auch Schwäche dieses feinsinnigen Romans.


Buchcover

Magdalena Saiger: Am Wasser das Haus. Eine ­literarische Ortsbegehung. Nautilus, ­Hamburg 2025, 192 Seiten, 22 Euro