02.01.2025
Weltkrieg, Pandemie, Champions League für St. Pauli – was bringt das neue Jahr?

Homestory #01/2025

Prognosen, die die Zukunft betreffen, sind bekanntlich riskant. Dass 2025 der »Jungle World« neue Hater bescheren wird, ist allerdings keine besonders gewagte Voraussage.

Prognosen sind riskant, gerade im Journalismus. Kaum ist der Text gedruckt, kann sich schon alles als haltlos herausgestellt haben. Sowieso scheint heutzutage nichts gewagter, als zu erwarten, dass sich die Dinge den Erwartungen gemäß entwickeln.

Kein Wunder, dass im Zusammenhang mit Wahlen angesichts der instabilen Parteiensysteme und fluktuierenden politischen Konjunkturen das Glücksspiel einen Boom erlebt. 3,2 Milliarden US-Dollar wurden im Herbst allein auf der Krypto-Plattform Polymarket auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl gesetzt. Die Wetteinsätze deuteten schon Wochen vor dem Wahltermin auf einen Sieg Donald Trumps hin – anders als die Prognosen vieler Umfrageinstitute.

Wann kommt die nächste »Plandemie«?

Was also wird dieses Jahr wohl auf Lager haben? Noch mehr Krieg, oder vielleicht zur Abwechslung mal wieder etwas Pestilenz? Einem Redaktionsmitglied zumindest hatte seine Nachbarin schon vor drei Jahren prophezeit, für 2025 sei die nächste Pandemie geplant.

Der Glaube an die Weltverschwörung ist eine Art, mit der Ungewissheit umzugehen. Die Berichte über die Entwicklung der sogenannten Vogelgrippe bieten ja auch nicht die erbaulichste Lektüre.

Immerhin wird der dritte Weltkrieg erst 2026 ausbrechen, zumindest Star Trek zufolge. Und die Bundestagswahl? Wird Christian Lindner aus Verzweiflung über die Umfragewerte das Guidomobil reak­tivieren und durch die Republik touren? Wird die Welt am Sonntag Elon Musk erlauben, auf ihren Seiten zur Wahl der AfD aufzurufen?

Letzteres ist natürlich schon geschehen, was nur wenige auf dem Zettel gehabt haben dürften. Musk schrieb seinen Text, als könne er in die Zukunft sehen: »Die Alternative für Deutschland (AfD) ist der letzte Funke Hoffnung für dieses Land.« Der letzte Funke! Wäre Musk ein Journalismusprofi, hätte er das zumindest als offene Frage formuliert.

Aufmerksame Leser bemerkten, dass der AfD-Wahlaufruf von Elon Musk in der Welt mit seinem schlichten Aufbau und Stil verdächtig an ein Produkt des KI-Programms Chat-GPT erinnerte.

Das ist nämlich der Trick, um steile Prognosen aufzustellen, ohne wirklich hinter ihnen stehen zu müssen. »Wird die KI schon 2025 schlauer als der Mensch?« fragt zum Beispiel Sascha Lobo in seiner neuesten Spiegel-Kolumne. Die Antwort lautet, dass es tatsächlich so sein könnte. Möglicherweise.

Vielleicht verließ sich Musk, der sonst rechtsextreme Influencer wie die deutsche Verschwörungstheoretikerin Naomi Seibt empfiehlt, aber wirklich auf die Expertise einer KI, um sich in der deutschen Politik zurechtzufinden. Aufmerksame Leser bemerkten zumindest, dass sein Welt-Text mit seinem schlichten Aufbau und Stil verdächtig an ein Produkt des KI-Programms Chat-GPT erinnerte. Und dieses spielt tatsächlich gerne Orakel. Einer Redakteurin sagte Chat-GPT voraus, der FC St. Pauli werde sich im neuen Jahr für die Champions League qualifizieren und ihr Vater in den internationalen Kokainhandel einsteigen.

»Jungle World« im kritischen Dialog

Zur Zukunft Ihrer Lieblingszeitung blieb das Programm zurückhaltender: »Das Jahr 2025 könnte für die Jungle World ein Jahr des kritischen Dialogs und der politischen Ausei­nandersetzung sein, sowohl in Bezug auf aktuelle Entwicklungen in Deutschland und weltweit als auch in Bezug auf die sich verändernde Medienlandschaft.« Das ist durchaus möglich.

Versprechen können wir immerhin, dass die Jungle World, ganz dem Thema dieser Ausgabe entsprechend, weiter unkonstruktiv bleiben wird. Eine Redakteurin könnte deshalb mit ihrer Prognose recht behalten: Das kommende Jahr werde der Jungle World neue Hater bescheren, denn die gebe es immer. Und außerdem – so Gott es will, Klopf auf Holz, inshallah – eine neue, wunderschöne Website, denn die ist schon länger in Planung.