Wer fühlt am meisten mit den Syrern?
Empathie-Weltmeisterschaften bei Twitter (vormals X): Kaum war der syrische Diktator Bashar al-Assad gestürzt, begann auch schon das große Wetteifern darum, wer sich am allermeisten mit den Syrern und Syrerinnen freut.
Wozu natürlich – wir sind schließlich hier im Internet – auch immer gehört, allen, die Fragen haben, empört den Mangel von tiefen echten Gefühlen sowie allgemeine Herzlosigkeit vorzuwerfen. Halt, nein, nicht allen: Diejenigen, die sofort wissen, dass die Ereignisse in Syrien von der jüdischen Weltverschwörung initiiert wurden, dürfen natürlich in aller Ruhe ausreden, wie immer übrigens.
Was man in solchen Situationen nicht darf, ist zart daran zu erinnern, dass viel zu oft Menschen, die sich über ihre längst überfällige Befreiung freuten, nur kurz darauf bitter enttäuscht wurden.
Was man allerdings in solchen Situationen nicht darf, ist zart daran zu erinnern, dass viel zu oft Menschen, die sich über ihre längst überfällige Befreiung freuten, nur kurz darauf bitter enttäuscht wurden. Oder zu überlegen, wann eigentlich der letzte Befreiungsjubel nicht mit tiefer Enttäuschung endete (die meistgenannten und mutmaßlich zutreffendsten Antworten auf diese Frage lauteten Portugal 1974 und die Unabhängigkeit der baltischen Staaten sowie das Ende der DDR, das aber aufgrund drastischer Stilmängel wie der folgenden sogenannten Wiedervereinigung nicht gewertet werden kann).
AfD-Wähler wollen beim Packen helfen
Aber vielleicht haben sie ja Glück, die Menschen in Syrien, und alles wird genau so, wie sie sich das in den vergangenen fünf Jahrzehnten immer wieder ausgemalt haben. Besonders im Glück wähnen sich allerdings derzeit die Damen und Herren AfD-Wähler, die, wie einer postete, am liebsten heute noch den syrischen Flüchtlingen in Deutschland beim Packen helfen wollten, von ihren Pendants in anderen Ländern liest man Ähnliches. Und von Jens Spahn, der jedem Rückkehrer 1.000 Euro zahlen will, obwohl noch gar nicht klar ist, ob Syrien überhaupt ein rückkehrenswertes Land wird.
Womit wir zum ganz privaten kleinen Glück kommen, nämlich eine USV zu haben, was für unterbrechungsfreie Stromversorgung steht und macht, dass der Rechner auch dann weiterarbeitet, wenn durch Elektrikerarbeiten alle Sicherungen – wie heißt das? – entsichert wurden. So kann diese Kolumne also nun bald erscheinen und man selbst dazu auch noch weiter beobachten, wie der aktuelle Stand bei der Empathie-WM ist (ganz vorne, natürlich: alle, die »Pipi in den Augen« haben).