12.12.2024
Was Ausstattung und Architektur von Assads Palast über seine Diktatur verraten

Homestory #50/24

Vergleichende Diktatorengeschmacksforschung: Wie schneidet der gestürzte syrische Machthaber Bashar ­al-Assad im Wettbewerb mit Muammar al-Gaddafi oder Saddam Hussein ab?

Ein Umsturz ermöglicht oftmals Einblicke in den Privatbereich von Diktatoren, so nun auch in Damaskus. Es mag Wichtigeres geben als die vergleichende Diktatorengeschmacksforschung, aber interessant ist es schon, wie solche Leute sich einrichten. Bashar ­al-Assad scheint bei der Ausstattung seines Palasts, anders als etwa Muammar al-Gaddafi oder Saddam Hussein, keine Vorliebe für ­vergoldeten Kitsch gezeigt zu haben.

Die Marmorsäle wirken recht kalt, streng und einschüchternd. Shock and awe in der Architektur, weil Bashar – schon sein Vater Hafez wirkte eher wie ein Buchhalter als wie ein Massenmörder – immer ein bisschen pausbäckig blieb und nicht so grimmig dreinschauen konnte wie der zerfurchte Gaddafi oder der finstere Hussein, die sozusagen authentische Diktatorenvisagen hatten?

»Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.«

Bislang kamen in Damaskus weder pseudobarocke Prunksofas noch gewaltige Kronleuchter oder goldene ­Badezimmerarmaturen zum Vorschein, wie sie Gaddafi und Hussein so liebten. Oder hat der Assad-Clan die Lieblingsstücke mit nach Russland genommen – eine moderne Version des Transportflugzeugs Iljuschin 76 hat eine maximale Nutzlast von immerhin 60 Tonnen –, um zukünftig in einem der Paläste Wladimir Putins standesgemäß residieren zu können?

Für die Zukunft Syriens gibt es zweifellos wichtigere Fragen, denen wir uns auf den folgenden Seiten widmen. »Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen«, sagten weder Mark Twain noch Winston Churchill, denen diese Sentenz oft zugeschrieben wird, aber es stimmt in den meisten Fällen trotzdem.

Syrische statt palästinensischer Fahnen in der Sonnenallee

Noch vor einem Monat hätte wohl kaum jemand auf den Sturz Assads noch vor dem Jahresende gewettet. Immerhin schließt ein an schlechten Nachrichten wahrlich nicht armes Jahr nun mit einer positiven Entwicklung, die Chancen eröffnet. Und sogar dafür sorgt, dass in der Berliner Sonnenallee nun syrische statt palästinensischer Fahnen zu sehen sind. Manches ist dann aber doch fast berechenbar, so ist es wenig überraschend, dass der erste Gedanke vieler deutscher Politiker:innen nun der baldigen Abschiebung von Syrer:innen gilt.