05.12.2024
Die zukünftige US-Regierung will die Ukraine zu Gebietsabtretungen nötigen

Putin First

Donald Trump hat den ehemaligen General Keith Kellogg zum Sondergesandten für die Ukraine und Russland ernannt. Der vertritt eine Lösung für den Ukraine-Krieg, die auch von Sahra Wagenknecht stammen könnte: Russland darf alle eroberten Gebiete behalten.

Nicht nur militärisch führt die Ukraine derzeit Rückzugsgefechte. Man solle »das Gebiet der Ukraine, das wir kontrollieren, unter einen Nato-Schutzschirm stellen«, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag voriger Woche. Dann werde sich die Ukraine damit begnügen, »die übrigen Teile ihres Territoriums auf diplomatische Art und Weise zurückerlangen«. Das käme einem Verzicht bis zu einer grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse in Russland gleich, also auf unabsehbare Zeit.

Zwei Tage zuvor hatte Donald Trump den ehemaligen General Keith Kellogg zum Sondergesandten für die Ukraine und Russland ernannt. Damit kann als sicher gelten, dass der im April vom America First Policy Institute veröffentlichte »Forschungsbericht« von Kellogg und Fred Fleitz die Grundlage der Ukraine- und Russland-Politik werden wird, wenn Trump am 20. Januar sein Amt antritt.

Ausführliche Kritik der »inkompetenten Politik« Präsident Joe ­Bidens 

Ein Friedensplan ist das 17seitige Pamphlet »America First, Russia & ­Ukraine« nicht, sondern eine ausführliche Kritik der »inkompetenten Politik« Präsident Joe ­Bidens im Kontrast zur »starken Führung« Donald Trumps in seiner ersten Amtszeit. Auf den letzten beiden Seiten wird dann eine Lösung präsentiert, die auch von Sahra Wagenknecht stammen könnte: Russland darf alle eroberten Gebiete behalten und erhält die Zusage, dass die Ukraine für »eine längere Zeitspanne« nicht in die Nato aufgenommen wird. Die Ukraine muss vertraglich zusichern, auf Versuche der Rückeroberung russisch besetzter Gebiete zu verzichten – andernfalls wird die US-Hilfe gestrichen.

Die Frage der Sicherheitsgarantien ist entscheidend: Entweder erhält die Ukraine de facto keine oder die Nato stellt, wie von Selenskyj gefordert, den »Schutzschirm«.

Da diese unentbehrlich ist, hat Selenskyj den Gebietsabtretungen nun zugestimmt. Doch erfahrungsgemäß ist jede Vereinbarung mit Putin nur ein Waffenstillstand vor dessen nächstem Eroberungszug, daher ist die Frage der Sicherheitsgarantien entscheidend: Entweder erhält die Ukraine de facto keine (Stationierung von UN-Truppen oder OSZE-Beobachtern) oder die Nato stellt, wie von Selenskyj gefordert, den »Schutzschirm«.

Das aber dürfte nicht Putins Zustimmung finden, auch an der Bereitschaft der Nato-Staaten zu einem so riskanten Einsatz muss gezweifelt werden. Kellogg und Fleith äußern sich zu dieser Frage nicht. Dies und die Absage an die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine deuten darauf hin, dass Selenskyj ein Abkommen ohne wirksame Sicherheits­garantien aufgezwungen werden soll – und möglicherweise ist die Lage der Ukraine so schlecht, dass er zustimmen muss.