05.12.2024
Das Gemüse und das Orchester

Keine Tomaten auf den Ohren

Warum es der schwedische Grünkohl besser hat als der deutsche.

Der Grünkohl hat es auf jeden Fall besser. Während man in Deutschland nachgerade pausenlos von Politiktreibenden beschallt wird, werden schwedisches Obst und Gemüse vom Königlichen Philharmonie-Orchester unterhalten. Speziell für Gurken, Tomaten, Blattsalate sowie Äpfel, Kräuter und Grünkohl wurden nämlich auf insgesamt 20.000 Quadratmetern Anbaufläche, quer durch Schweden verteilt, Lautsprechersysteme installiert, über die klassische Musik, dargeboten von den Kungliga Filharmonikerna, abgespielt wird.

Die musikalische Unterhaltung ist Teil eines gemeinsamen Forschungsprojekts des staatlichen Instituts Rise und von Lidl Schweden. Einer Untersuchung zufolge wuchsen Bohnenpflanzen zu den Klängen klassischer Musik nämlich um 38 Prozent höher und wiesen außerdem 33 Prozent mehr Samen auf.

Auf dem Spielplan stehen neben »Peer Gynt« von Edvard Grieg auch außerhalb Skandinaviens eher unbekanntere Werke wie »Underlige Aftenlufte« (seltsame Abendluft) des dänischen Komponisten Carl Nielsen (1865–1931), der neben Richard Wagner vor allem seine eigene Ehefrau nicht ausstehen konnte, wie Wikipedia zu berichten weiß. Besagte Ehefrau war die Bildhauerin Anne Marie Carl-Niesen (1863–1945), die nicht gewillt war, ihre Karriere der Beziehung zu opfern und ihrem Mann die Erziehung der drei gemeinsamen Kinder überließ, während sie sich oft monatelang im Ausland aufhielt, um ihre Werke unter anderem in Paris, Chicago, Berlin und Rom auszustellen.

Aber wir waren beim Grünkohl, für den sich die königlichen Philharmoniker samt Instrumenten, Notenpulten, Mikrophonen, Stühlen und Gummistiefeln in diesem Sommer eigens auf ein südschwedisches Feld begeben hatten, um ihm was vorzuspielen.

Zu den Tönen des Königlichen Philharmonie-Orchesters aufgewachsen

Natürlich nicht einfach bloß so, neinnein, die musikalische Unterhaltung ist Teil eines gemeinsamen Forschungsprojekts des staatlichen Instituts Rise und von Lidl Schweden. Einer älteren Untersuchung zufolge wuchsen Bohnenpflanzen zu den Klängen klassischer Musik nämlich um 38 Prozent höher und wiesen außerdem 33 Prozent mehr Samen auf.

Um, wie natürlich auch die heutigen filharmoniska frukter och grönsaker, umgehend gegessen zu werden, natürlich. Acht Wochen lang gab es die ­Produkte beim schwedischen Ableger des deutschen Discounters zu kaufen, versehen mit einem Notenschlüssel auf der Verpackung, auf dem stand: »Ich bin zu den Tönen des Königlichen Philharmonie-Orchesters aufgewachsen.« Der Grünkohl hatte es wirklich viel besser.