Homestory #49/24
Jetzt geht’s ja überall wieder um Stimmen. Olaf Scholz möchte zu Jahresbeginn 2025 die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Geplant sind diese bislang für den 23. Februar.
Besonders vielversprechend ist der Ausblick auf die Neuwahlen bisher nicht. Jüngsten Umfragen zufolge führt derzeit die Union mit 32,8 Prozent, gefolgt von der AfD (18,4). An dritter Stelle steht die SPD (15,0) und nach ihr die Grünen (11,8). Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die bundesrepublikanischen Stars und Sternchen, Influencer und sonstige Kreativen unter einem Hashtag gemeinsam den Widerstand organisieren, wenn sie an ihre Mitbürger appellieren: Deine Stimme gegen rechts zählt!
»Liest eigentlich irgendjemand meine Nachrichten?«
Klar, damit die Stimmen in diesem Land vielfältig bleiben, muss ein jeder Wahlberechtigte seine demokratische Pflicht erfüllen und seine Stimme erheben. Was ist aber mit denen, die keine Stimme haben? Vor dem Problem steht derzeit ein Redakteur Ihrer Lieblingszeitung. Pünktlich zur heißesten Phase der Produktion war die nämlich weg. Sich an Diskussionen und der Planung zu beteiligen, stellte den Kollegen vor kaum zu bewältigende Herausforderungen. »Ich äußere mich schriftlich«, war mehrmals im internen Chat zu lesen, gefolgt von der frustrierten Nachfrage: »Liest eigentlich irgendjemand meine Nachrichten?« – offenbar nicht.
Dafür gab es Empfehlungen, wie das wichtigste demokratische Gut wieder zurückgewonnen werden kann: Salbei- oder Thymiantee, wenig sprechen und Tabletten der Marke Gelo Revoice. Wobei sich über letztere eine kleinere Diskussion entspann. »Ich bin selten heiser, aber wenn, dann vom Stadionbesuch«, berichtete eine Kollegin.
»Wenn die Stimme dann langsam wiederkommt, ist die so sexy tief und rauchig.«
»Eine Zeit lang gab’s so Leute, die nach dem Spiel als Werbegeschenk so Gelo Revoice verteilt haben.« Überzeugt hätten sie die Halstabletten aber nicht. »Die sind vor allem eklig und machen Schaum im Mund, aber helfen nicht.« Für den stimmlosen Kollegen hingegen war besagter Schaum im Mund fast schon das Highlight seines Tages. Aber auch er sagt: »Letztlich hilft nur das Antibiotikum.«
Umfragen zeigen: Wenige Kollektivmitglieder scheinen bislang unter tatsächlichem Stimmverlust gelitten zu haben. Heiserkeit ist eher ein Thema – »vom Stadionbesuch und vom Mitgrölen bei Konzerten und so Kette-Rauch-Brüllen-Kneipen-Club-Nächten«, meint eine.
Eine andere, die als Künstlerin mit ihrer Stimme arbeitet, hat da mehr Erfahrung. Sie verliere ihre Stimme gefühlt nach jeder zweiten Erkältung. Sie macht Hoffnung: »Wenn die Stimme dann langsam wiederkommt, ist die so sexy tief und rauchig.« Der betroffene Kollege hofft nun, noch rechtzeitig seine bald rauchig-tiefe Stimme gegen rechts erheben zu können.