28.11.2024
Der algerische Islamkritiker Boualem Sansal wurde in Algier verhaftet

Homestory #48/24

Der algerische Schriftsteller Boualem Sansal wurde am 16. November in Algier festgenommen. Der »Jungle World« gab Sansal bereits drei Interviews; in den vergangenen Jahren hat er sich allerdings der französischen extremen Rechten angenähert.

Eine Woche hörte man nichts von ihm, dann meldete die algerische Nachrichtenagentur APS seine Inhaftierung: Der Schriftsteller Boualem Sansal war am 16. November am Flughafen von Algier festgenommen worden und ist seitdem in Haft. Zu den Vorwürfen gegen ihn äußerten sich die Behörden zunächst nicht. Ein Dorn im Auge ist er dem Regime seit eh und je.

Der Jungle World gab Sansal bereits drei Interviews. 2009 sprach er über seinen Roman »Das Dorf des Deutschen«, in dem er die Zusammenarbeit ehemaliger SS-Männer mit der algerischen Befreiungsfront (FLN) thematisierte. 2011 bekam Sansal der Friedenspreis des deutschen Buchhandels, er hatte gerade seinen Roman »Rue Darwin« veröffentlicht und nach der Shoah ein weiteres algerisches Tabuthema lanciert: Homosexualität.

Inzwischen wirkt Boualem Sansal bei Frontières mit, einem französischen Medienportal, das der Rechtsextreme Eric Tegnér 2021 gründete. Es wird angenommen, dass ein dort veröffentlichtes Interview den algerischen Behörden nun als Vorwand für die Verhaftung des Schriftstellers dient.

Im Interview mit der Jungle World klang damals bereits seine Skepsis gegen den sogenannten arabischen Frühling an, er warnte vor den Gefahren einer islamistischen Machtübernahme. »Der arabische Frühling war eine Katastrophe«, resümierte er dann in einem Interview zwei Jahre später. Bei aller Kritik an arabischen Despoten und Islamisten ließ Sansal den westlichen Staaten ihre Mitverantwortung niemals durchgehen, damals kritisierte er auch noch Marine Le Pen.

In den Folgejahren wurde es dann etwas ruhiger um Sansal in ­Ihrer Lieblingszeitung. Inzwischen wirkt er bei Frontières mit, einem französischen Medienportal, das der Rechtsextreme Eric Tegnér 2021 gründete. Es wird angenommen, dass ein dort veröffentlichtes Interview den algerischen Behörden nun als Vorwand für die Verhaftung des Schriftstellers dient, dessen Romane in seinem Herkunftsland stets verboten waren. Darin konstatiert er einen historischen Anspruch Marokkos auf heutige algerische Gebiete.

»Au revoir Deutschland«

Auch bei Ihrer Lieblingszeitung kann man sich darauf einigen, dass das eigene Herkunftsland nicht unbedingt und schon gar nicht in seinem jetzigen Umfang fortbestehen muss. Eine Mitarbeiterin sagt beispielsweise »Au revoir Deutschland« und würde Polen, Tschechien und Frankreich um ein paar Regionen erweitern und liebend gern die Niederlande zu Deutschlands Ungunsten vergrößern. Natürlich in vollem Vertrauen darauf, dass sich die deutschen Behörden nicht gleich daran machten, um sie für dieses wenig realistische Gedankenspiel einzubuchten.

Und gibt es eigentlich irgendeinen Konflikt auf dieser Erde, bei dem nicht angeblich zionistische Kräfte im Hintergrund ihr Unwesen treiben? Die staatliche algerische Nachrichtenagentur, die Sansals Verhaftung verkündete, führt Unterstützung für ihn auf das »macronistisch-zionistische Frankreich« zurück.