Doch mit Scholz in die Klatsche
Die SPD ist eine Partei, in der alles seine Ordnung haben muss. Weswegen traditionsbewusste Sozialdemokrat:innen auch noch um drei Uhr nachts und bei freier Straße an einer roten Fußgängerampel stehenbleiben. So sind halt die Regeln. Und deswegen hat der Vorstand der altehrwürdigen Partei erst an diesem Montag Olaf Scholz offiziell zum Kanzlerkandidaten der SPD ernannt.
Der selbstgesteckte Zeitplan muss schließlich eisern eingehalten werden, ob es nun sinnvoll ist oder nicht. Dabei wäre der SPD mit etwas mehr Spontanität ihrer Führung eine merkwürdige Personaldebatte erspart geblieben, die ihre Wahlchancen noch weiter reduzieren dürfte.
Den besten Moment verpasst
Bis der Bundeskanzler am 6. November die Ampelkoalition beerdigte, war nicht nur für Scholz völlig klar, dass er bei der kommenden Bundestagswahl erneut als Kanzlerkandidat antreten wird. Auch für die Parteispitze stand es nie in Frage, ob er noch einmal nominiert wird, sondern es ging ihr dabei nur darum, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist.
Nun, den hat sie jedenfalls verpasst. Wahrscheinlich wäre der beste Moment der gewesen, als Scholz am Abend nach dem Rausschmiss des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner aus der Regierung in der SPD-Bundestagsfraktion mit stehendem Applaus begrüßt wurde. Selbst die Vorstandssitzung fünf Tage später wäre noch eine gute Gelegenheit gewesen. Aber auch sie wurde von den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil nicht genutzt.
So begann in der SPD zunächst ein »Grummeln«, wie es der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich formulierte, das in kurzer Zeit zu einem regelrechten Grollen anschwoll. Erst waren es nur ein paar um ihre Mandate bangende Hinterbänkler:innen, die ihre Zweifel an einer erneuten Kanzlerkandidatur von Scholz äußerten und sich für den Umfrageliebling Boris Pistorius als Ersatz aussprachen.
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