14.11.2024
Die APPD hat zu Sankt Martin einen Laternenumzug veranstaltet

Bier, Laterne, Sonne, Mond und Sterne

Was macht eigentlich die Anarchistische Pogopartei Deutschlands (APPD)? Die grüßt ihre Kamernossinen und Kamernossen« mit einem aufrichtigen und lautstark intonierten »Fick-Heil«.

Die ankommenden »Kamernossinen und Kamernossen« – ein Kofferwort aus Kamerad und Genosse – wurden mit einem aufrichtigen und lautstark intonierten »Fick-Heil« willkommen geheißen – das offizielle Grußwort der Anarchistischen Pogopartei Deutschlands (APPD).

Am Montag, dem Tag des heiligen Martin, hatte die Partei einmal mehr zum »Asozialen Laternenumtrunk« auf den Stühlinger Kirchplatz in Freiburg eingeladen. Ohne Laterne zu erscheinen, traute sich hier niemand, zu abschreckend war offenbar die in der Einladung angedrohte Strafe: »Wer ohne Laterne kommt, wird in Ganter alkoholfrei ertränkt!«

Die Positionen der APPD werden nach deren eigener Aussage immer populärer: das Recht auf Arbeitslosigkeit bei vollem Lohnausgleich etwa, die Abschaffung der Schulpflicht oder die Legalisierung aller Drogen. 

Die APPD befinde sich seit einiger Zeit in einem stetigen Aufwärtstrend, davon zeigte man sich an diesem Abend überzeugt. Einen stolzen Stimmenanteil von 0,2 Prozent erhielt die selbsterklärte Partei des Pöbels und der Sozialschmarotzer in Freiburg bei den jüngsten Kommunalwahlen im Juni.

Außerdem würden die Positionen der Partei immer populärer: das Recht auf Arbeitslosigkeit bei vollem Lohnausgleich etwa, die Abschaffung der Schulpflicht oder die Legalisierung aller Drogen. Dass man bei der vorgezogenen Bundestagswahl endlich auch in den Bundestag einziehen wird, daran zweifelt hier spätestens nach dem dritten nicht alkoholfreien Ganter Pilsner kaum noch jemand.

Bei kuscheligen sechs Grad mit stetigem Niederschlag und begleitet von einschlägiger Pogomusik setzten sich schließlich knapp 30 Personen, darunter auch eine Delegation des Hannoveraner Landes­verbands, zum asozialen Laternenumtrunk in Bewegung.

»Wo bleibt denn der heilige Martin?« Diese nur zu berechtigte Frage war mit zunehmender Dauer des Umzugs von immer mehr Kamernoss:innen zu vernehmen. Leider musste das traditionelle Saufgelage auch dieses Jahr wieder ohne die symbolträchtige Figur auskommen.

Den Kanzler hinderte eine Kniegelenkkapselverspannung

Wie Claudio, der Leiter des Freiburger APPD-Kreisverbands, der Jungle World erläuterte, habe man zunächst bei Olaf Scholz angefragt, ob er die repräsentative Aufgabe hier in Freiburg nicht übernehmen wolle. »Der Kanzler«, so Claudio weiter, »der sich spätestens seit letzter Woche unermüdlich auf der Suche nach neuen potentiellen Koalitionspartnern befindet, hätte auch gern zugesagt«, habe aber wegen einer Kniegelenkkapselverspannung absagen müssen. Bis heute sei es dem Kanzler leider nicht möglich, auf einem Pferd dort oben in luftiger Höhe in historisch sozialdemokratischer, um nicht zu sagen sozialistischer Manier mit dem Schwert seinen warmen, roten Mantel zu zerschneiden und sodann mit den fröstelnden Kamernoss:innen zu teilen.

Lenin hatte während seiner Schweizer Exilzeit die Frage, was man in emanzipationsfernen Zeiten tun könne, mit »Geduld und Theorie« beantwortet, Johannes Agnoli hat dieselbe Frage in den siebziger Jahren mit »Geduld und Ironie« beantwortet.

Auch die zweite Option, Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn, habe, so Claudio, leider abgesagt. Das Verhältnis des parteilosen, aber der SPD nahestehenden Oberbürgermeisters zur APPD ist nicht erst seit den Kommunalwahlen etwas angespannt. Horn lehnt die Hauptforderung des Kreisverbands, die berühmten Freiburger Bächle anstatt mit Wasser mit Bier zu fluten, strikt ab.

Lenin hatte während seiner Schweizer Exilzeit die Frage, was man in emanzipationsfernen Zeiten tun könne, mit »Geduld und Theorie« beantwortet. Der Berliner Politikwissenschaftler Johannes Agnoli hat dieselbe Frage in den siebziger Jahren mit »Geduld und Ironie« beantwortet. Geduld, Theorie und Ironie aber sind Geschichte. Es geht nicht darum, eine all­gemeine Weltanschauung zu verkünden, sondern einen falschen, aufzuhebenden Zustand zu denunzieren. Und dafür ist die APPD genau richtig. Prost!