07.11.2024
Drehli Robnik analysiert in seinem neuen Buch den »Flexiblen Faschismus«

Entfesselte Mobilisierung

In seinem Buch »Flexibler Faschismus« betrachtet der Wiener Autor Drehli Robnik den Begriff des Faschismus als höchst mobiles Phänomen.

Das Erstarken rechtsextremer Parteien in den vergangenen Jahren ist häufig mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus verglichen worden. Dagegen wird jedoch eingewandt, dies verwische die jeweiligen historischen Besonderheiten.

Robnik nimmt die nationalsozialistische beziehungsweise faschistische »Bewegung« beim Wort. Als zentrale Referenz für die Analyse einer »nihilistischen Machtentfesselung« dienen ihm Texte Siegfried Kracauers. 

In seinem Buch »Flexibler Faschismus« stellt der Wiener Autor Drehli Robnik demonstrativ den Begriff des Faschismus in den Mittelpunkt seiner vergleichenden Analyse von Vergangenheit und Gegenwart. Das geschieht unter der Annahme, dass der Begriff des Faschismus keine strikte Einhegung und definitorische Stillstellung vertrage, sondern sich durch eine spezifische Beweglichkeit auszeichne: Das zu untersuchende Phänomen sei selbst höchst mobil.

Robnik nimmt also die nationalsozialistische beziehungsweise faschistische »Bewegung« beim Wort. Als zentrale Referenz für die Analyse einer »nihilistischen Machtentfesselung« dienen ihm Texte Siegfried Kracauers aus den zwanziger bis vierziger Jahren. Kracauer, der vor allem als Filmkritiker und -theoretiker rezipiert wird und lange Zeit als Stiefkind der Kritischen Theorie galt, wird von Robnik als politischer Denker ernstgenommen.

Antisemitismus und verkürzte Kapitalismuskritik

Besonders aufschlussreich sind die Ausführungen Robniks zum Antisemitismus sowie zu einer verkürzten Kapitalismuskritik. Deutlich wird das im negativen Sinne sozialrevolutionäre Element der nationalsozialistischen Bewegung, wie es auch, von unterschiedlichen politischen Standpunkten aus, Hannah Arendt oder Moishe Postone herausgestellt haben.

Wenn Robnik angesichts heutiger Faschisierung von der Dringlichkeit einer radikal emanzipatorischen Politik spricht, ließe sich resignierend fragen, ob weite Teile der politischen Linken überhaupt noch einen radikalen Begriff von Emanzipation verfolgen. Mit seinem Gespür für Spielarten des Antimodernismus könnte Kracauer womöglich bei der Aufklärung helfen.


Buchcover

Drehli Robnik: Flexibler Faschismus. Siegfried Kracauers Analysen rechter Mobilisierungen damals und heute. Transcript-­Verlag, Bielefeld 2023, 294 Seiten, 29 Euro