24.10.2024
Donalds Komplizin - Melania Trump plaudert aus ihrem Leben

Das MAGA-Model

Melania Trump legt ihre Memoiren vor. Für Aufregung bei Konservativen sorgten ihre Äußerungen zum Abtreibungsrecht. Dennoch entpuppt sich das Buch als Wahlkampfhilfe für den Ehemann Donald Trump.

Sie ist fleißig, sie hätte es auch ohne ihren Ehemann geschafft, und wenn etwas schiefläuft, sind immer andere schuld. Das sind die drei zentralen Botschaften, die der Autobiographie von Melania Trump (»Melania: A Memoir«) zu entnehmen sind. 

Im aufschlussreichsten Teil des üppig bebilderten Buchs schildert die 1970 in der jugoslawischen Teilrepublik Slowenien als Melanija Knavs geborene Ehefrau von Donald Trump ihre Kindheit. Ihre Mutter Amalija arbeitete an Schnittmustern, vor allem für Kinderkleidung; in der Hierarchie der Branche war ihre Tätigkeit zwischen der einer Schneiderin und der einer Modedesignerin angesiedelt. Die Arbeit der Mutter bescherte der Tochter erste Aufritte als Kindermodel. Der Vater, der als Chauffeur und Autoverkäufer arbeitete, konnte sich einen eigenen Fuhrpark mit mehreren Autos leisten – darunter einen Mercedes und einen Citroën SM.

Das Ehepaar hatte zwei Töchter, neben Melanija noch Ines; man machte regelmäßig Urlaub in Venedig oder an anderen Orten an der Adria. Die beiden Töchter wurden von einem Kindermädchen betreut, neben dem Haus in Sevnica leistete sich die Familie eine Wohnung in Sloweniens Hauptstadt Ljubljana.

Über die wahren Gründe der Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago – das FBI durchsuchte das Anwesen, weil Donald Trump geheime Regierungsdokumente entwendet hatte – schweigt sich die ehemalige First Lady aus. 

Nur an zwei Stellen bekommt das Idyll in der slowenischen Posavje, einer Region entlang der Grenze zu Kroatien, deutliche Risse: Zum einen wenn Melania Trump schildert, wie sie wegen ihrer Körpergröße und ihrer dünnen Figur in der Schule gemobbt wurde, zum anderen, wenn sie berichtet, wie die Polizei ihr Haus durchsuchte, als gegen ihren Vater Viktor Knavs Ende der siebziger Jahre wegen illegalen Handels und Steuerbetrugs Ermittlungen liefen. Melania Trump stellt die Durchsuchung so dar, als sei sie unrechtmäßig gewesen. Ob das stimmt, lässt sich heutzutage nur schwer beurteilen.

Sie erzählt diese Geschichte offenkundig, um eine Verbindung zur Hausdurchsuchung des Trump’schen Anwesens Mar-a-Lago im August 2022 herzustellen, von der sie behauptet, dass sie politisch motiviert gewesen sei, ganz so, als lebten die Trumps in den USA in einem kommunistischen System. Über die wahren Gründe der Hausdurchsuchung – das FBI durchsuchte das Anwesen, weil Donald Trump geheime Regierungsdokumente entwendet hatte – schweigt sich die ehemalige First Lady aus. Immerhin erfährt man, dass Viktor Knavs, der Schwiegervater von Donald Trump, Mitglied im Bund der Kommunisten Sloweniens war.

Studium bereits im ersten Jahr abgebrochen

Generell nimmt Melania es bei der Schilderung ihrer eigenen Geschichte mit der Wahrheit nicht immer ganz genau. So schreibt sie, dass sie sich in Ljubljana für ein Architekturstudium eingeschrieben gehabt habe. Zeitweise hat sie auf ihrer Homepage behauptet, in dem Fach einen Abschluss gemacht zu haben, was nach Recherchen des New Yorker aber nicht der Fall ist; von der Homepage wurde dieses wichtige Detail daraufhin gelöscht. Tatsächlich hatte sie ihr Studium nach zwei nicht bestandenen Prüfungen bereits im ersten Jahr abgebrochen.

Als Melania Knauss, so die eingedeutschte Variante ihres Namens, versuchte sie dann als Model Karriere in Europa zu machen. Interessant ist hier eine Passage, in der sie erzählt, dass bei einem Wettbewerb in Italien ­plötzlich ihr Preisgeld verschwunden sei. Daraufhin habe sie die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern beendet. Nicht dass es ihr dabei um das Geld gegangen sei – sondern darum, dass Unehrlichkeit keinen Platz in ihrem Leben habe und diesen auch nie haben werde. Was sie damit zwischen den Zeilen sagt: Donald Trump ist eine ehrliche Haut, sonst hätte sie ihn doch niemals geheiratet.

Weiter beschreibt sie, dass sie als Model sehr fleißig und erfolgreich gewesen sei und es sogar mit einem Foto auf eine riesengroße Werbe­fläche am Times Square geschafft habe. Dass es sich dabei um eine Werbung für die Zigarettenmarke Camel handelte und sie auf dem Bild einen Glimmstängel in der Hand hielt, erwähnt sie lieber nicht – möglicherweise aus Rücksicht auf bestimmte Wählergruppen und ihren Ehemann, der bekanntlich eine Abneigung gegen Nikotin und Alkohol hat.

Was Melania Trump zwischen den Zeilen sagt: Donald ist eine ehrliche Haut, sonst hätte sie ihn doch niemals geheiratet.

Alles, was Donald Trump in den Augen potentieller Wählerinnen und Wähler schlecht aussehen lassen könnte, lässt die ehemalige First Lady lieber weg. Immerhin verteidigt sie ihre in den neunziger Jahren entstandenen Aktfotos, die einen kleinen Skandal auslösten, als sie während des Wahlkampfs ihres Ehemanns 2016 in der Presse auftauchten: »Menage à Trump« hechelte die New York Post. In Europa gebe es ein entspannteres Verhältnis zur Nacktheit als in den USA, rechtfertigt sich Melania in ihrem Buch. Zu erwähnen, dass sie gemeinsam mit einer anderen Frau für den Fotografen posierte, wäre dann aber wohl schon zu viel gewesen. Sie lässt dieses Detail also lieber weg.

Zur Affäre ihres Ehemanns mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels wenige Monate nach der Geburt von Melanias Sohn mit Donald erfährt man in den Memoiren genauso wenig wie darüber, was sie zu dessen sexistischem Gebaren denkt, etwa zu dem Spruch »Grab ’em by the pussy«.

Die Einwanderungspolitik ihres Ehemanns ist dagegen ein Thema für Melania Trump, die selbst in den neunziger Jahren als Migrantin in die USA gekommen ist. Als ihr Ehemann als US-Präsident Tausende Flüchtlingskinder an der Südgrenze der USA von ihren Eltern trennen ließ und manche in Käfige gesperrt wurden, reiste Melania Trump in ­einer Jacke mit der Aufschrift »I really don’t care, do you?« zu einem Besuch in einem Kinderheim an. Dass dies von der Presse als zynischer Kommentar ihrerseits interpretiert wurde, findet sie unfair, schließlich habe sie öffentlich klargestellt, dass sie gegen die Praxis sei, Familien auseinanderzureißen. Vor Ort habe sie sich aber davon überzeugen können, dass vor allem kriminelle mexikanische Banden für die Si­tuation verantwortlich seien und nicht die Politik ihres Gatten.

Immer sind andere schuld

Um Kindern zu helfen, gründete Melania Trump die »Be Best Initiative«, die unter anderem gegen ­Cybermobbing vorgehen will. Dafür habe sie sich auch mit Vertretern großer IT-Konzerne getroffen, die am Ende alle eine Kooperation mit ihr abgelehnt hätten. Schuld daran, dass man sie schneide, sei die woke Cancel Culture.

Wenn Fehler passieren, dann sind immer andere schuld. So erklärt Melania Trump den Fauxpas, dass große Teile ihrer 2016 auf dem re­publikanischen Parteitag gehaltenen Rede von einer Rede Michelle Obamas 2008 abgeschrieben waren, damit, dass ihre Redenschreiberin es verbockt habe. Dabei hatte sie vorher behauptet, die Rede selbst verfasst zu haben.

Der Abschnitt über ihre Zeit als First Lady ist noch weniger inspirierend als der Rest des Buchs. Über mehrere Seiten erfährt man, dass sie emsig dabei war, Teppiche fürs ­Weißen Haus zu entwerfen, den Rosengarten zu pflegen und einen Tennispavillon errichten zu lassen. Man liest viel über ihre Auslands­reisen, aber nichts, was politisch von Bedeutung wäre. Sie schildert eine Begegnung mit Sara Netanyahu, die ihr anvertraute, dass die Medien sie hassten, aber das Volk sie liebe, und sie selbst habe geantwortet: »Das haben wir gemeinsam.«

Melania Trump schildert eine Begegnung mit Sara Netanyahu, die ihr anvertraute, dass die Medien sie hassten, aber das Volk sie liebe, und sie selbst habe geantwortet: »Das haben wir gemeinsam.«

Melania Trump wiederholt die Verschwörungserzählung, dass ihr Ehemann um den Wahlsieg 2020 betrogen worden sei. Sie warnt vor ange­blichen Gefahren durch Transfrauen im Sport und greift damit ein Thema auf, mit dem die extreme Rechte Wahlkampf für Trump macht. Sie verurteilt die Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung, weil sie gewalttätig gewesen seien und sie als First Lady dazu gezwungen hätten, kurzzeitig den Bunker im Weißen Haus aufzusuchen.

Der meistdiskutierte Teil der ­Memoiren ist jener, in dem Melania Trump sich für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ausspricht. Diese Aussage ist jedoch kein Affront gegen ihren Ehemann, sondern eher Wahlkampfhilfe. Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in den USA ist gegen ein striktes Abtreibungsverbot, und so knapp wie die Umfragen derzeit stehen, könnte eine ­harte Linie in Sachen Abtreibung ihn die zweite Präsidentschaft kosten.

Die Haltung der ehemaligen First Lady soll die Position des republikanischen Kandidaten offenkundig ein wenig aufweichen und Donald Trump als jemanden zeigen, der in dieser Frage zu gewissen Kompromissen bereit ist. Das Buch soll zugleich aber auch konservative Frauen, die sich von Donald Trumps ­unflätiger Art abgestoßen fühlen, davon überzeugen, dass er ein guter Ehemann und Mensch ist. Nur deswegen ist es so kurz vor den Präsidentschaftswahlen erschienen. Melania Trump ist kein Opfer, wie manche online mit dem Hashtag »Free Melania« suggerieren. Sie ist eine Komplizin.