Tribute an die Dissidenz
»Was wünschst du dir?« fragt Hans Coppi seine Liebste in Andreas Dresens Historiendrama »In Liebe, Eure Hilde«. »Keine Angst mehr zu haben. Vor allem, vor Spinnen, vor Käfern, den Nazis, meinem Zahnarzt, der Liebe«, antwortet Hilde.
Man hört eine der größten Rock-Rampensäue dieses Landes – Arnim Teutoburg-Weiß – mit dem zart klingenden Folkduett der Düsterboys singen, ergänzt von einer Geisterstimme, die wie von Helium hochgepitcht klingt.
In zwei gegenläufigen Zeitsträngen erzählt Dresens Film ohne Pathos und Heroisierung von zwei jungen Menschen, die in der Widerstandsgruppe »Rote Kapelle« gegen das Nazi-Regime kämpften. Letztlich wurden sie für ein paar Flugblätter hingerichtet. Ihren gemeinsamen Sohn, den Hilde im Gefängnis zur Welt brachte, haben sie nie aufwachsen sehen. Ganz nah bleibt die Kamera an der Figur der Widerstandskämpferin, die von Liv Lisa Fries überzeugend verkörpert wird. In der Bundesrepublik wurde die »Rote Kapelle« lange als »fünfte Kolonne Moskaus« verunglimpft, in der DDR wurde sie gewürdigt.
Holger Biege wurde in der ostdeutschen Musikszene verehrt. Er war das Wunderkind des Blue Eyed Soul der DDR, der er 1983 den Rücken kehrte. Der Erfolg blieb im Westen leider aus. Nach einem Schlaganfall 2012 war er teilweise gelähmt, 2018 verstarb er.
Nun wurden seine ersten beiden Alben auf Vinyl wiederveröffentlicht. Aus diesem Anlass verneigt sich DJ Koze mit seinem Tribute-Song »Wie schön du bist«, einer Art Weitererzählung von Bieges Lied »Bleib doch« aus dem Jahr 1978, vor dem Ausnahmetalent. Zusammen mit den Gastsängern The Düsseldorf Düsterboys und Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatsteaks ist Koze ein großartiger Song gelungen, der nicht nur Ost- und Westdeutschland, sondern auch diverse musikalische Nischen miteinander versöhnt. Hier hört man eine der größten Rock-Rampensäue dieses Landes – Arnim Teutoburg-Weiß – mit dem zart klingenden Folkduett der Düsterboys singen, ergänzt von einer Geisterstimme, die wie von Helium hochgepitcht klingt.
Manfred Krug und die DDR-Pop-Diskographie
Viel zu oft wurde die DDR-Pop-Diskographie ignoriert, aber im Zuge der Wiederentdeckung des vielfältigen Amiga-Katalogs ist kürzlich immerhin der Manfred-Krug-Tribute-Sampler »Das schöne Leben des Herrn K.« erschienen. Auf der von Albrecht Schrader und Florian Sievers kuratierten Langspielplatte gibt es hörenswerte Neuinterpretationen von Masha Qrella, Stefanie Schrank oder Keshavara aus dem Repertoire dieses großen ostdeutschen Jazzsängers und bekannten Lastwagenfahrers – in der ARD-Serie »Auf Achse«, die nur im Westfernsehen lief; Krug war 1977 in die Bundesrepublik übergesiedelt.