Löcher im Netz
Der Anlass ist nicht die Ursache. Das gilt für Kriege genauso wie für Wahlerfolge. So wurde die »Alternative für Deutschland« 2013 nicht zuletzt aus Empörung über die kostspielige Rettung des Euro ab 2007 gegründet. Die europäische Währung war durch den Finanzcrash und die hohe Staatsverschuldung einiger EU-Mitgliedsstaaten in die Krise geraten. Deshalb setzte sich die AfD zunächst lautstark für die Rückkehr zur D-Mark ein. Im Unterschied dazu hatten ihre Wahlerfolge, die erst 2016 im großen Rahmen begannen, nur wenig mit der Skepsis gegenüber dem Euro zu tun.
Wer nach den Ursachen des Aufstiegs der Partei sucht, wird stattdessen auf den 1. Januar 2005 stoßen. An diesem Tag, fast genau acht Jahre vor der Gründung der AfD, trat Hartz IV in Kraft. Das heißt nicht, dass die Partei vor allem von Abgehängten und Prekarisierten gewählt wird. Im Gegenteil: Zwar gibt es auch Abgehängte, die der AfD ihre Stimme geben. Dennoch ist die Partei nicht zuletzt ein Mittelstandsphänomen. Inzwischen ist bekannt: Trotz des hohen Anteils junger Wähler ist der idealtypische AfD-Anhänger über 30, männlich und gehört zu den Besserverdienern. Dennoch stehen die Erfolge der Partei in einem direkten Zusammenhang mit der »Agenda 2010«.
Hartz IV, das zentrale Projekt dieses ehrgeizigen Vorhabens, steht für das sozialpolitische Ende der Nachkriegszeit. Ging die alte Bundesrepublik politisch und geographisch schon mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 unter, schlug die Stunde ihres Wohlfahrtssystems erst mit der rotgrünen Koalition unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer.
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