Jungle+ Artikel 10.10.2024
Viele französische Juden denken über Auswanderung nach

Das Unbehagen der französischen Juden

Viele französische Juden fühlen sich im Stich gelassen und denken über Auswanderung nach, obwohl der 7. Oktober bewiesen hat, dass sie auch in Israel nicht unbedingt sicher sind. Aber es regt sich Widerstand gegen die antizionistische bis antisemitische Dominanz in der französischen Linken.

Die größte jüdische Gemeinde Europas ist in Aufruhr. Die Zahl antisemitischer Taten ist in Frankreich seit dem 7. Oktober so stark angestiegen wie in kaum einem anderen Land – und sie sind so brutal wie in kaum einem anderen Land. Ende April berichtete Le Figaro, ein Mann habe in Gennevilliers, einer Stadt nordwestlich von Paris, eine 26jährige Jüdin in einer Wohnung festgehalten und vergewaltigt – »um Palästina zu rächen«. »Viel Glück, sie werden Ihre Tochter nie wiederfinden, Sie werden sie nie wiedersehen, ich werde Ihre Tochter prostituieren«, schrieb er der Familie seines Opfers. Die Polizei befreite die Frau und nahm den mutmaßlichen Täter fest. Im Juni wurde ein 12jähriges Mädchen aus Courbevoie, einem bürgerlichen Vorort von Paris, vergewaltigt – offenbar weil sie Jüdin ist. Im August gab es eine Explosion vor einer Synagoge im südfranzösischen La Grande-Motte.

»Man kennt keine Familie, die nicht über eine Ausreise nach Israel diskutiert hat.« Anne-Sophie Sebban-Bécache, American Jewish Committee Paris

Im Oktober und November 2023 habe es bereits einen Anstieg antisemitischer Delikte um 1.000 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr gegeben, teilt Anne-Sophie Sebban-Bécache, die Direktorin des American Jewish Committee Paris, der ­Jungle World mit. Zwar seien die Zahlen seitdem wieder gesunken, aber noch immer ungewöhnlich hoch. Das sei ein absolutes Novum. Frühere Wellen von Anschlägen auf die jüdische Gemeinschaft hätten nie länger als ein oder zwei Wochen angedauert.

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