Uganda und Kenia wollen Schwule und Lesben noch stärker verfolgen

Mit antikolonialer Rhetorik gegen Homosexuelle

In Uganda und Kenia sollen die Gesetze gegen LGBTI-Personen verschärft werden. Die Initiatoren betrachten das als Folge westlicher Einflussnahme. Sie lenken damit von den politischen und ökonomischen Problemen der Region ab.

Das Leben wird noch gefährlicher für Schwule und Lesben in Ostafrika. Fast gleichzeitig haben Parlamentarier in Kenia und Uganda sich daran gemacht, die Verfolgung Homosexueller zu verschärfen. In einem Schreiben an die kenianische Nationalversammlung kündigte der Abgeordnete Peter Kaluma Ende Februar einen neuen Gesetzentwurf an, der lebenslange Freiheitsstrafen für die Propagierung und den Vollzug homosexuellen Geschlechtsverkehrs (»unnatural acts«) vorsieht, anstatt der gegenwärtig möglichen 14 Jahren Haft.

In Uganda folgte der Abgeordnete Asuman Basalirwa kurz darauf mit einer Beschlussvorlage, die bis zu zehn Jahre Gefängnis für die »Förderung für sowie die Rekrutierung und Finanzierung« von LGBTI-Aktivitäten androht. Er ist der einzige Parlamentarier des oppositionellen Justice Forum (JEEMA) und vertritt die muslimische Minderheit Ugandas. Schon zum dritten Mal debattiert das ugandische Parlament über ein Gesetz gegen Homosexualität.

Der erste Entwurf von 2009 beinhaltete die Todesstrafe für besonders »schwere Homosexualität« – gemeint waren homosexuelle Akte HIV-positiver Personen. Nach internationalem Druck wurde er zunächst fallengelassen. Eine abgeschwächte Version sollte 2014 in Kraft treten, wurde jedoch aus formellen Gründen vom Verfassungsgericht gekippt. Es fehlte nie an politischem Rückhalt im Land für homophobe Gesetze, wie Basalirwas Initiative erneut beweist.

»Entweder man ist für Homosexualität oder dagegen. Wir wollen sehen, welche Art von Führern wir in diesem Land haben.« Die ugandische Parlamentssprecherin Anita Among

Über politische und religiöse Grenzen hinweg scheint der Kampf gegen Homosexualität Einheit zu stiften. So haben die im Interreligiösen Rat von Uganda zusammengeschlossenen einflussreichen Religionsgemeinschaften bereits ihre Unterstützung ausgesprochen. Auch der Rückhalt des seit 1986 amtierenden Präsidenten Yoweri Museveni von der Partei National Resistance Movement gilt als gesichert. Seine Parteikollegin und Parlamentssprecherin Anita Among hatte sich die Initiative sofort zu eigen gemacht und eine Parlamentsabstimmung per Handzeichen initiiert: »Entweder man ist für Homosexualität oder dagegen. Wir wollen sehen, welche Art von Führern wir in diesem Land haben.«

Im Nachbarland Kenia sieht das Kräfteverhältnis ähnlich aus. Im vergangenen Jahr lieferten sich Präsident William Ruto und Oppositionsführer Raila Odinga einen heftigen Wahlkampf, der von Klassenkonflikten und Korruptionsvorwürfen geprägt war. Odinga verlor mit knapp unter 50 Prozent. Wo nun Oppositionsarbeit zu erwarten wäre, eint die Gesetzesinitiative seines Parteigenossen Kaluma die Rivalen. »Unsere Kultur, unsere Werte, das Christentum und der Islam erlauben es nicht, dass Frauen einander heiraten oder ein Mann einen anderen Mann«, sagte Ruto Anfang März.

In beiden Ländern steht Homosexua­lität bereits unter Strafe und wird gesellschaftlich geächtet. Dennoch konnte sich in Kenias Hauptstadt Nairobi eine Subkultur entwickeln, die Verfolgte aus der gesamten Region unterstützt. Der Staat hatte versucht, das zu unterbinden, indem er Nichtregierungsorganisationen die rechtliche Anerkennung verweigerte. Der Oberste Gerichtshof entschied jedoch Ende Februar, dass die Verfassung auch sexuellen Minderheiten Vereinigungsfreiheit gewährt.

»Homosexualität ist ein Menschenunrecht, das sich nicht als Recht tarnen lässt«, twitterte Basalirwa zwei Tage nach der ersten Parlamentsdiskussion über seinen Gesetzentwurf vom 7. März. Dabei bedient man sich antikolonialer Rhetorik, wie Kaluma auf Twitter demonstriert: »Der Westen hat die Afrikaner versklavt! Der Westen hat Afrika kolonisiert! Der Westen beutet Afrika aus! Der Westen besteht nun auf gleichgeschlechtliche Ehen, Homosexualität, Unzucht, Sodomie, Abtreibung in Afrika … zu welchem Zweck? Afrika muss sich gegen diese unmoralischen Bestrebungen wehren, die auf seine Zerstörung abzielen!«

Dass es die britische Kolonialmacht war, die in Kenia und Uganda die Gesetze gegen Homosexualität eingeführt hatte, scheint dabei genauso in Vergessenheit zu geraten wie die Tatsache, dass die erste Parlamentsdebatte von 2009 in Uganda auf eine Kampagne von US-amerikanischen Evangelikalen um Scott Lively zurückging. Auch heutzutage scheut sich der vermeintlich antikoloniale Kämpfer nicht vor westlichen Allianzen: Kaluma arbeitet mit Senator Jason Rapert aus Arkansas zusammen, um die US-Botschaft in Kenia unter Druck zu setzen. Das US-Außenministerium hatte schon mehrfach gegen die Diskriminierungspolitik interveniert.

Hass auf Homosexuelle hat in der Region Konjunktur.

Sich mit antiwestlichen Parolen zu profilieren, kommt zumindest Ugandas Herrschenden sehr gelegen. Der Regierung werden neokoloniale Verstrickungen bei der Zusammenarbeit mit Total Energies vorgeworfen. Der französische Ölkonzern will eine Pipeline durch Ostafrika bauen, die die Umwelt gefährdet und für die bereits Tausende Menschen umgesiedelt wurden.

Den Protesten von Menschenrechtsorganisationen begegnete der Staat mit Repression. Gleichzeitig hat das Parlament mit Korruptionsskandalen zu kämpfen. Mehrere Kabinettsmitglieder sollen sich persönlich am Sozialversicherungsfonds bereichert haben.

Die Entwicklungen in Uganda und Kenia stellen keine Einzelfälle dar, Hass auf Homosexuelle hat in der Region Konjunktur. Derzeit stehen in Burundi 24 Frauen und Männer wegen »homosexueller Praktiken« vor Gericht, weil sie an einem Seminar zu HIV-Prävention teilgenommen hatten. In Tansania verbot die Regierung im vorigen Monat mehrere Kinderbücher, die im Widerspruch zu den sexuellen und geschlechtlichen Normen des Landes stehen sollen.

Update:
Nach Redaktionsschluss am 21.3.23 hat das ugandische Parlament einem der weltweit schärfsten Anti-Homosexualitätsgesetze zugestimmt. Der Entwurf des Gesetzes muss noch vom ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni unterzeichnet werden. Es droht Homosexuellen und Angehörigen anderer sexueller Minderheiten mit lebenslanger Haft, in bestimmten Fällen sogar mit der Todesstrafe.