Behörden vermuten das Mullahregime hinter Angriffen auf Synagogen

Iranischer Terror in Deutschland

Im Herbst wurden jüdische Einrichtungen im Ruhrgebiet angegriffen. Der »Washington Post« zufolge steckten dahinter die Revolutionsgarden.

Einige Monate ist es nun her, dass sich im Ruhrgebiet eine Reihe antisemitischer Angriffe ereignete. In der Nacht zum 18. November waren drei Schüsse auf die alte Synagoge in Essen abgegeben worden, in Bochum wurde ein Molotow-Cocktail auf eine Schule neben einer Synagoge geworfen (Die mutmaßliche Verstrickung des Iran in Angriffe auf Synagogen in Deutschland: Terrornetzwerk aus Teheran).

Kürzlich berichtete die Washington Post vom Stand der Ermittlungen. Demzufolge war noch ein dritter Anschlag auf eine Synagoge in Dortmund geplant. Ein 35jähriger Deutsch-Iraner wurde festgenommen, der versucht hatte, einen Mann damit zu beauftragen. Sein Handy führte die Ermittler zum mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge, zu Ramin Yektaparast.

Der ehemalige Anführer der »Hells Angels« in Mönchengladbach wird wegen eines grausamen Mords im Rocker-Milieu polizeilich gesucht und war in den Iran geflüchtet, wo er sich mutmaßlich weiterhin aufhält. Nun steht er im Verdacht, von dort aus seine kriminellen Netzwerke in Deutschland für Anschläge zu nutzen. Der Washington Post zufolge vermuten die Ermittler, dass er im Auftrag der Islamischen Revolutionsgarden handele.

Dem Innenministerium zufolge betätigen sich die Revolutions­garden mit »umfangreichen Ausspähungsaktivitäten« insbeson­dere gegen »proisraelische und jüdische Ziele«.

Die Washington Post zitiert Matthew Levitt vom Washington Institute for Near East Policy, dem zufolge 124 Anschläge bekannt seien, die im Auftrag des iranischen Regimes im Ausland verübt wurden. Zwölf davon hätten in Deutschland stattgefunden, fünf davon in den vergangenen zwei Jahren. Auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei teilte das Innenministerium bereits Ende vergangenen Jahres mit, der Geheimdienst der Revolutionsgarden betätigte sich mit »umfangreichen Ausspähungsaktivitäten« in Deutschland, die sich insbesondere gegen »proisraelische und jüdische Ziele« richteten.

Der Geheimdienst MOIS hingegen richte sich vor allem gegen die in Deutschland tätigen iranischen Oppositionsgruppen. Gegen 24 mutmaßliche iranische Agentinnen und Agenten in Deutschland seien seit 2018 neun Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Vergangenen Monat ergab eine weitere Anfrage der Linkspartei, dass dem Verfassungsschutz bei insgesamt 160 Personen in Deutschland Hinweise auf Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden vorlägen.

Immer mehr Bundestagsabgeordnete sprechen sich dafür aus, die Revolutionsgarden auf EU-Ebene als Terrororganisation einzustufen, zuletzt vergangene Woche der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil. Bereits im Januar hatte das EU-Parlament eine Resolution verabschiedet, in der dies ebenfalls gefordert wurde. Doch der Europäische Rat blockiert die Entscheidung. Dort heißt es, die rechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Entscheidend dürften allerdings politische Erwägungen sein. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte davor, dass sich der Iran bei einem solchen Schritt komplett aus Verhandlungen über das Atomprogramm zurückziehen könnte.

Gegen die zögerliche Haltung der EU fordern CDU-Politiker wie Norbert Röttgen, die Bundesregierung müsse in der EU mehr tun, um die iranische Protestbewegung zu unterstützen, wozu auch die Terrorlistung der Revolutionsgarden gehöre. Ein entsprechender Antrag der CDU-Fraktion wurde jedoch am 1.März im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags abgelehnt. Bereits im Februar hatten Mitglieder des Menschenrechtsausschusses die Bundesregierung kritisiert: Diese ordne die Menschenrechte einer Wiederbelebung des Atomabkommens unter. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte damals, die Bundesregierung sei weiterhin davon überzeugt, dass man mit diplomatischem Druck etwas bewirken könne.

An dieser Position halten auch einige außenpolitische Experten in Deutschland fest, so zum Beispiel Cornelius Adebahr, der lange bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik arbeitete. In einem Artikel für die Zeit listete er im Januar die Argumente dafür auf: Sanktionen gegen die Revolutionsgarden seien rein symbolisch und daher faktisch wirkungslos. Wirtschaftliche Sanktionen träfen nicht sie, sondern vor allem private Unternehmen, und sie verhinderten die Lieferung humanitärer Güter. Und vor allem: Die »drängende Nuklearfrage«, sowie die Spannungen mit den arabischen Nachbarn und Israel, könnten nicht gelöst werden, wenn »sämtliche Kontakte zu einem zentralen Akteur des Regimes verboten« seien.

Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Weder richten sich die Sanktionen gegen die Lieferung humanitärer Güter, noch profitieren die Revolutionsgarden von Wirtschaftssanktionen. Im Gegenteil hat unter anderem die Bundesregierung gerade die zentrale Handelsgesellschaft Instex liquidiert, die den Handel mit dem Iran koordinieren und kontrollieren sollte, auch um die Lieferung von humanitären Gütern zu regeln. Zur Begründung der Auflösung hieß es, dass die iranische Führung sich »systematisch« und aus politischen Gründen dazu entschieden habe, »gegen die Interessen ihres Volkes zu handeln«, indem sie beim Export medizinischer Güter und anderer lebensrettender Produkte die Zusammenarbeit verweigere.

Tatsächlich scheint das Regime Zugeständnisse als Schwäche auszulegen. So verschärfte sich die terroristische Expansion des Regimes im Nahen Osten nach dem Abschluss des Nuklearabkommens von 2015 und die Verstöße gegen den Atomvertrag wurden immer eklatanter, seit US-Präsident Joe Biden die Absicht erklärte, zum Abkommen zurückzukehren. Realistisch ist vielmehr die Einschätzung, dass nur mit der Stärkung der Freiheitsbewegung eine Lösung der Probleme möglich ist, die der Iran in der Region verursacht.