Bolsonaros Putschversuch

Das Schachspiel des Bolsonarismus

Der Sturm der Anhänger des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro auf Brasília am 8. Januar war ein Putschversuch und bildete das klägliche Ende einer Eskalationsstrategie Bolsonaros.

Am 8. Januar randalierte unter den Augen der Polizei ein Mob von bis zu 3 000 Anhängern des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro im Regierungsviertel von Brasília und drang in mehrere Regierungsgebäude ein. Nur wenige zweifeln noch daran, dass es sich dabei um einen Putsch­versuch handelte. Es war der letzte verzweifelte Versuch der Anhänger Bolsonaros, die neue Regierung von Luís Inácio »Lula« da Silva zu destabilisieren, die grade erst dabei ist, sich zu konsolidieren. Die Ereignisse in der brasilianischen Hauptstadt markieren das finale Scheitern einer Eskalationsstrategie, die die vier Jahre der Regierung Bolsonaro prägten. Die Option eines Staatsstreichs hielt sich der Präsident stets offen.

Bolsonaros Präsidentschaft lässt sich in zwei Phasen unterteilen: In der Zeit von seiner Amtseinführung am 1. Januar 2019 bis zum September 2021 führte die Regierung eine populistische Offensive gegen »System« und »Politik«. In der zweiten Phase veränderte sich der Charakter der bolsonaristischen Bewegung und ihrer Regierung. Was in ideologischer Hinsicht als oberflächliche populistische Revolte begann, verwandelte sich im Zuge einer Radikalisierung auf dem Höhepunkt der Covid-19-Pandemie in ein fast sektiererisches Unterfangen. Der Bolsonarismus verlor relevante Teile seiner Unterstützer aus der Mittelschicht der großen Zen­tren und konzentrierte sich auf die ärmere Bevölkerung unter evangelikalem Einfluss.

Durchsuchungen bei Bolsonaros Justizminister Torres förderten Dokumente zutage, die die Aus­ru­fung des Notstands vorsahen, um die Übergabe der Amts­ge­schäfte an Lula zu verhindern.

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