In der Sozialpolitik haben sich die Grünen seit Schröders Zeiten gebessert – Verlass ist darauf nicht

Zurück nach Mitte-links

In den vergangenen Jahren versuchten die Grünen, sich wieder als Vertreter der Interessen von Armen zu profilieren. Gewählt werden sie trotzdem vor allem von der gebildeten Mittelschicht und auch die Anpassung ihrer sozialpolitischen Forderungen aus dem Wahlkampf an die Regierungstätigkeit fällt ihnen leicht.

Es könnte sein, dass viele junge Wähler überrascht wären zu erfahren, dass die Grünen Anfang der achtziger Jahre stark von Linksradikalen und Ökosozialisten geprägt waren. Denn geht es um Sozialpolitik, hängt der Partei bis heute vor allem nach, dass sie 2005 gemeinsam mit der SPD das Arbeitslosengeld II (ALG II) und die Ein-Euro-Jobs (sogenannte Hartz-IV-Reform) eingeführt hat. Damals, so die gängige Auffassung, war Deutschland durch ein zu teures Sozialsystem nicht mehr wettbewerbsfähig genug. Die Arbeitslosenzahl lag mit vier Millionen auf Rekordhoch. Die Regierungskoalition aus SPD und Grünen vollzog unter dem Namen »Agenda 2010« eine in der Nachkriegszeit bis dato nicht dagewesene Reform der sozialen Sicherungssysteme, die den Druck auf Erwerbslose erhöhen sollte, auch schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. In der Folge entstand ein immer weiter ausufernder Niedriglohnsektor. Jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland arbeitete im vergangenen Jahr für weniger als 12,27 Euro pro Stunde, Armut trotz Arbeit ist weiter verbreitet denn je.

An ihre Beteiligung daran werden die Grünen nicht gerne erinnert. Jürgen Trittin behauptete im Jahr 2013 zwar, die Grünen hätten die Hartz-IV-Reform eigentlich nur zusammen mit der Einführung von Mindestlöhnen gewollt. Sein Parteikollege Werner Schulz gab zu, dass diese Version nicht der Wahrheit entspricht. Im Gespräch mit der Taz sagte der Europapolitiker: »Eine Legende – leider.«

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::