National statt sozial
Seit jeher präsentiert sich die AfD gerne als Vertreterin des sprichwörtlichen »kleinen Mannes« und inszeniert sich gerade in Krisenzeiten als einzig echte Oppositionspartei. Auch die derzeitige Inflation und Energiekrise versucht die AfD für sich zu nutzen. In Umfragen legte sie zuletzt wieder etwas zu, und in den vergangenen Wochen gelang es ihr auch immer wieder, Tausende für ihre Proteste gegen die Bundesregierung zu mobilisieren.
Dieser Inszenierung sitzen auch viele Gegner:innen der AfD auf – wenn sie nämlich die rechten Krisendemonstrationen als »Sozialproteste« beschreiben. Denn tatsächlich spielen soziale Forderungen weder auf den von der AfD organisierten Protestkundgebungen noch in den Verlautbarungen der Partei zur Krise oder gar in deren parlamentarischer Praxis eine Rolle. Im Gegenteil. Statt Entlastungen für Lohnabhängige, mehr Unterstützung für Sozialleistungsberechtigte oder gezielten Hilfen für Geringverdienende fordert die AfD Steuersenkungen für Unternehmen und Besserverdienende und eine härtere Gangart gegen Erwerbslose.
Als Gegenentwurf zum Bürgergeld bietet die AfD ein im Nachkriegsdeutschland einmaliges Programm des rigorosen Arbeitszwangs.
So votierte die AfD im Bundestag bisher gegen sämtliche Maßnahmen zur Begrenzung der Energie- und Lebenshaltungskosten. Das Neun-Euro-Ticket lehnt die Partei als »populistische(s) Umverteilungsticket« ab, weil damit »der öffentliche Nahverkehr schrittweise zum öffentlichen Gut erklärt wird«. Die Energiepreispauschale, also die einmalige Zahlung von 300 Euro, die viele Angestellte und Auszubildende erhalten haben, gilt ihr als »Zwangsdarlehen bei den Unternehmen«, und der von den Gewerkschaften geforderte Energiepreisdeckel als Eingriff in die freie Marktwirtschaft und erster Schritt in einen »Energiesozialismus«.
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