Warten auf den Nächsten
»Alle 17 Minuten ruft ein Polizist Daten von Helene Fischer ab«, war dieser Tage am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main auf einer Reklametafel im Stil einer bekannten Parship-Werbung zu lesen. Unter einem Foto der strahlenden Schlagersängerin wird präzisiert: »Helenes Daten wurden von der hessischen Polizei in nur einer Nacht 83 Mal abgefragt.« Hinter den Plakaten stecken die Adbusting-Gruppe »Dies Irae« und die Gruppe »Polizeiproblem«. Sie beziehen sich auf einen echten Fall missbräuchlicher Datenabfrage, den der damalige hessische Landespolizeipräsident Udo Münch 2019 im Innenausschuss des hessischen Landtags publik gemacht hatte.
Grund für Münchs Befragung war damals der sogenannte NSU 2.0. Zahlreiche Personen hatten jahrelang an ihre Privatadressen Morddrohungen erhalten – vor allem Frauen, Menschen mit Migrationsgeschichte und solche, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten. Bisweilen koinzidierten diese Drohschreiben mit die Adressaten betreffenden Datenabfragen aus Polizeirevieren, vornehmlich dem Ersten Revier in Frankfurt. Münch musste kurze Zeit nach der Ausschusssitzung zurücktreten, weil er die Fälle erst mit reichlicher Verspätung an den Innenminister Peter Beuth (CDU) gemeldet haben soll.
Im niedersächsischen Barnstorf erhielt eine Moschee einen Drohbrief, in dem zu lesen war: »Wir legen Euch Türken alle um«; unterschrieben mit »NSU 2.0« und einem Hakenkreuz.
Vergangenen Donnerstag ist nach 30 Verhandlungstagen ein Urteil gegen den Urheber der Drohschreiben gefallen. Dem Landgericht Frankfurt zufolge hat der 54jährige Alexander M. aus Berlin mehr als 80 Drohschreiben unter dem Pseudonym NSU 2.0 verschickt. Seinen Opfer hatte er mit dem Tode gedroht oder angekündigt, ihre Kinder »abzuschlachten«. Dafür wurde M. nun zu knapp sechs Jahren Haft verurteilt.
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