Wandern, wenn es brennt

Manche mögen’s nicht so heiß

Walk on the Wild Side. Zwei Schwule – ein Wanderweg Von

Begibt man sich als Weitwanderer auf den westamerikanischen Pacific Crest Trail, wird man vor vielen realen und auch weniger wahrscheinlichen Gefahren für Leib und Leben gewarnt. Wenn man den Geschichten zuhört, erfährt man von Begegnungen mit furchteinflößenden Bären und Pumas, viel zu neugierigen Hirsche, beißwütigen Klapperschlangen, hinterlistigen Taranteln und apokalyptischen Mückenschwärmen. Auch den einen oder anderen Serienkiller, der es auf arglose Wanderer abgesehen hat, soll es geben. Wer Angst vor dem kryptozoologischen Bigfoot hat, sollte vielleicht zu Hause bleiben und sich an schlecht gemachten Fake-Videos ergötzen.

Können einen die realen oder fiktiven Tiere nicht schrecken, lauert auf dem Trail aber noch eine ganz andere große Gefahr, nämlich Waldbrände. Dem gemeinen Wanderer ist das durchaus bewusst, doch was ein Waldbrand wirklich bedeutet, versteht man wohl erst, wenn man tagelang durch verbrannte Wälder läuft oder einem gar der beißende Qualm das Atmen zur Qual werden lässt. Waldbrände sind in vielen Gebieten, die der PCT durchquert, durchaus normal. Die Natur ist vielerorts darauf eingestellt. Manche Samen keimen gar erst, nachdem ein Feuer über sie hinweggefegt ist. Doch ist eindeutig festzustellen, dass aufgrund der Erderwärmung Häufigkeit und Ausmaß der Brände in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben, was einem Anwohner besorgt bestätigen. Was das für den PCT bedeutet, lässt sich momentan nur erahnen.

Eine Eigenart US-amerikanischer Großbrände ist, dass jeder von ihnen seinen eigenen Namen bekommt, damit man die Menge an Feuern überhaupt noch auseinanderhalten kann. Das Dixie-Feuer verbrannte 2021 85 Meilen des Trails und ließ von einer Fläche von 3 900 Quadratkilometern nichts als Asche und verkohlte Baumstämme zurück. Manch ein Thru-hiker auf dem PCT lässt sich da zu zynischen Bemerkungen hinreißen und träumt davon, selbst einmal Namensgeber solch einer Katastrophe zu werden. Doch bedarf es auch dieses Jahr keines pyromanischen Nachhelfens, denn seit spätestens Juli beherrschen die Brände den Trail. Nachdem ein Gewitter in den High Sierras ein Feuer ausgelöst hatte, kamen zahlreiche neue Brände in Nordkalifornien, Oregon und zuletzt auch in den Nordkaskaden Washingtons dazu.

Letztere sorgten vor kurzem dafür, dass die letzte Etappe des Trails geschlossen wurde; zu schnell breitete sich das unkontrollierbare Feuer aus. Ein zugesandtes Handyvideo einer Bekannten, die sich mit anderen Hikern weiter südlich an einem der größten und schönsten Seen in Washington (Lake Chelan mit seinem Hauptzustrom, dem Stehekin River) in der Nähe des Trails befand, zeugte von der Naturgewalt: ein orange gefärbter Himmel, der hinter den nebeligen Rauchschwaden aufflackert, die wiederum dicht über dem Boden umherwabern. Die letzte Möglichkeit, einer Rauchvergiftung zu entkommen, bestand für die Hikergruppe darin, mit einem Boot über den See nach Süden zu fliehen.

Mittlerweile stellte die Pacific Crest Trail Association, die sich außer um den Erhalt des Trails auch um die Weitergabe von Informationen über die Sperrungen auf dem Trail kümmert, eine alternative Route zum nördlichen Endpunkt vor, der das langersehnte Ziel eines jeden Hikers ist. Auf der Website der Organisation findet man übrigens auch den Hinweis, dass man kein Signalfeuer anzünden soll, wenn man sich noch auf dem Trail befindet und auf sich aufmerksam machen will. Ein wichtiger Tipp, denn nicht jeder Thru-hiker ist zwangsläufig mit Intelligenz gesegnet.