In Moskau unterbindet der Staat öffentliche Kritik am Krieg

Warten auf bessere Zeiten

Große Proteste gegen den Krieg in der Ukraine gibt es in der russischen Hauptstadt Moskau nicht mehr. Viele Oppositionelle sind vor der verschärften Repression ins Ausland geflüchtet, den Verbliebenen droht jederzeit die Verhaftung.

»Das liegt bestimmt an den Sanktionen.« Wer weiß, wie oft Stanislaw Gubarew diesen Satz in den vergangenen Wochen schon ausgesprochen hat. In der Stimme des Moskauer IT-Spezialisten schwingt Ironie mit, aber auch Resignation. Gerade versucht er, eine nicht funktionierende Internetverbindung zu reparieren. An sich ein banales Problem, aber übliche Vorgehensweisen wollen einfach nicht das gewünschte Ergebnis bringen. So viel sei aufgebaut worden in den vergangenen Jahren und jetzt liege alles brach, seufzt der Mittvierziger.

Tatsächlich zeigt das Beispiel der Computerbranche und der eingeschränkten Funktion des Internets, wie der von der russischen Führung angezettelte Krieg in der Ukraine das Leben der russischen Bevölkerung beeinträchtigt. Die behördliche Zensur blockiert jetzt deutlich mehr Websites missliebiger Medien und schneidet so russische Userinnen und User weitgehend von Informationsquellen ab, die der staatlichen Propaganda über den Krieg zuwiderlaufen. Das gilt für eine ganze Reihe russischer oder mit ausländischen Mitteln finanzierter Nachrichtenprojekte, selbst für die finnische öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt Yle.

Umgehen lässt sich derlei Maßregelung zwar mit Hilfe eines Zugangs per VPN, aber auch in dieser Hinsicht blieb der Staatsapparat nicht untätig. Vergangene Woche blockierte die staatliche Aufsichtsbehörde Roskomnadsor gleich mehrere beliebte VPN-Anbieter, zum Beispiel den schweizerischen Dienst Proton. Zur Begründung hieß es, der Zugriff auf in Russland blockierte Netz­inhalte stelle eine Bedrohung dar, deshalb seien Gegenmaßnahmen ergriffen worden. Wer dennoch auf dem Laufenden bleiben will, muss sich mit kniffligen technischen Lösungen herumschlagen, um der staatlichen Zensur einen Schritt voraus zu bleiben.

Selbst Befürwortern des Kriegs wurden Kundgebungen untersagt, denn auf politische Äußerungen im öffentlichen Raum behält sich der Staat ein Monopol vor.

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