»Pompeii« von Cate Le Bon

Schräge Operndiva

Platte Buch Von

Vor etwas mehr als 20 Jahren eta­blierte sich ein neues Musikgenre, dass New Weird America getauft wurde und dessen Musiker (unter anderem Coco Rosie, Sufjan Stevens oder Joanna Newsom) psychedelischen Folk spielten. Cate Le Bon ist keine US-Amerikanerin (übrigens auch keine Französin, wie der Künstlername vermuten lassen könnte), sonder Waliserin, weird ist sie trotzdem – und personelle Überscheidungen mit New Weird America gibt es auch: Le Bons Album »Mug Museum« von 2013 wurde unter anderem von Josiah Steinbrick produziert, der auch beispielsweise mit Devendra Banhart zusammenarbeitete.

»Mug Museum« ist, ohne zu übertreiben, eines der besten Alben der vergangenen zehn Jahre. Wenn Bon mit ihren etwas schiefen Sopran lakonische Lieder anstimmt, klingt sie wie eine gescheiterte Operndiva, die halt einfach ins Pop-Business gewechselt ist. Der »New Musical Express« nannte »Mug Museum«, wie soll es anders sein, wonderfully weird.

War »Mug Museum« noch voller Folk- und Indie-Sounds, hat Cate Le Bon für ihr im Frühjahr erschienenes sechstes Album »Pompeii« ihre Soundpalette ein wenig erweitert. Die neue Platte klingt durch den Einsatz von Synthesizern erstaunlich oft nach Disco, aber nach einer langsameren, einer quasi alternativen Version davon. So, als hätten Grace Jones und Kate Bush ein Album zusammen eingespielt.

So wie diese beiden großen Frauen des Pop beherrscht auch Le Bon das Inszenieren ihrer selbst: Auf dem Cover von »Pompeii« posiert sie im Nonnenhabit, im Video zur vom Saxophon getragenen Single »Moderation« tritt sie als schwarzgekleidete Hexe sowie als griechische Statue auf, zwischendurch hält sie eine Totenmaske in der Hand. Auch in den Texten geht es drunter und drüber: »Sipping wine through a telescope« ist schon für sich genommen absurd, aber zumindest eine Zeile, aus der man irgendwie schlau wird, etwas, das man sich bildlich vorstellen kann. »All my language is vulgar and true«, singt Le Bon in einem anderen Lied. Man mag zwar im Einzelnen nicht verstehen, wovon ihre Texte handeln, aber man weiß: Das stimmt.

Cate Le Bon: Pompeii (Mexican Summer)