Die Teilnehmer des Kongresses »Klima­wandel und Gesellschaftskritik« umreißen ihre Vorträge zu Apokalypse, Achtsamkeit und Naturbegriff

Endzeit, Yoga, Natur

Unter dem Titel »Klimawandel und Gesellschaftskritik« findet vom 20. bis zum 22. Mai in Oldenburg ein Kongress statt. Hier geben drei der Teilnehmer, Jennifer Stevens, Mareike Willems und Mirko Stieber, einen kurzen Einblick in das Thema ihres jeweiligen Vortrags.

Erzählte Apokalypse

Was das apokalyptische Denken angeht, könnte man meinen, seine gegenwärtige Form, die Vorstellung einer alles vernichtenden Katastrophe, existiere erst seit kurzem. Ein Blick in die Literatur der Romantik beweist das Gegenteil.

Von Jennifer Stevens

Die Endzeit ist in aller Munde: Die Vorstellung des drohenden Untergangs, einer säkularen Apokalypse, ist im Gewand kulturindustrieller Abendunterhaltung oder klimabewegter Kassandrarufe zu einem ­festen Bestandteil der Gegenwartskultur geworden und beweist eine enorme politische und ästhetische Anschlussfähigkeit. Abhängig vom gesellschaftlichen Krisenbewusstsein lassen sich verschiedene Trends in der konkreten Gestalt der Untergangsphantasien ausmachen. Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die Angst vor dem Atomtod die apokalyptische Phantasie und Rhetorik ein weiteres Mal anfachen wird.

Auch der Philosoph Günther Anders blieb zu seiner Zeit hiervon nicht unberührt, meinte er doch, in der Erfindung der Atombombe und damit der Möglichkeit der Menschheit, sich selbst zu vernichten, eine epochale Zeitenwende ausmachen zu können, mit der gesellschaftliche Fortschritts-, gar Erlösungsvorstellungen endgültig ausgetrieben würden. Könnte man also sagen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ein Bedeutungswandel stattgefunden hat, weg von der Apokalypse als Offenbarung, hin zur alles vernichtenden Katastrophe, der sogenannten kupierten Apokalypse?

Die Annahme, dass es erst der technischen Möglichkeit eines globalen nuklearen Winters bedurft habe, um die Vorstellung einer allumfassenden Zerstörung hervorzubringen, erweist sich als technizistische Verkürzung.

Die Annahme, dass es erst der technischen Möglichkeit eines globalen nuklearen Winters bedurft habe, um die Vorstellung einer allumfassenden Zerstörung hervorzubringen, erweist sich als technizistische Verkürzung. Nicht nur reicht die deutschnationalistische Phantasie einer apokalyptischen »Erlösung durch Vernichtung« ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Auch wird man bei der Suche nach Erzählungen vom Ende der Menschheitsgeschichte durch eine zerstörte und zerstörende Natur in der europäischen Romantik fündig. Durch Lord Byron, Jean-Baptiste Cousin de Grainville und Mary Shelley wurde das Mensch-Natur-Verhältnis zum Dauerbrenner moderner Apokalyptik – und zum Ausgangspunkt der ersten kupierten Apokalypse der Literaturgeschichte.

Byron versteht es in seinem Gedicht »Darkness« von 1816, mittels der Darstellung der Verfinsterung der Sonne die Sentenz homo homini lupus geschickt auf die Spitze zu treiben. Er beschreibt einen barbarischen Krieg zwischen den zu feindseligen Bestien gewordenen Menschen um die letzten Ressourcen der Erde, was zu einer der ersten apokalyptischen und alternativlosen Erzählungen wird. Nach dem Untergang humanistischer Hoffnung offenbart sich die Gewalt – danach ist nicht(s) mehr.

Der französische Romantiker Grainville schrieb sein 1805 erschienenes Romanepos »Le Dernier Homme« vor dem Hintergrund der nachrevolutionären Entwicklung in Frankreich. Es gibt der malthusianischen Katastrophe ihre apokalyptische Pointe: Mit der Entwicklung der Zivilisation und dem menschlichen Streben nach Gottesgleichheit wird der Boden unfruchtbar. Mensch und Tier sind zum Aussterben verurteilt. Gegen den Zivilisierten spielt Grainville als früher Kolonialismuskritiker die Rousseau’sche Figur des edlen Wilden aus. Die gesamte Zivilisationsgeschichte wird zum Sündenfall, die den Weltuntergang hervorgebracht habe, weil sie den naturverbundenen Völkern ihren Lebensstil nahm – Kulturkritik par ­excellence.

Die Ursache des Untergangs liegt hier nicht in der Art und Weise, wie die Menschen den Stoffwechsel mit der Natur bewerkstelligen, also in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit, sondern in der maßlos verschlingenden Natur des Menschengeschlechts selbst. Die einzig zum Sündenfall verkommenen Zivilisationsgeschichte gilt es bei Grainville, nicht nur durch die Ausrottung der menschlichen Gattung, sondern letztlich durch die Zerstörung der gesamten Erde zu sühnen. Ein schlagendes Beispiel für die verkappte Naturverachtung hinter einer offen zutage tretenden Zivilisationskritik, die sich als Naturfreundin dünkt.

Doch es gibt auch eine andere ­Romantik. Es ist die Tochter der Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft und William Godwins, Malthus’ Gegenspielers, die den Untergang der Menschheit durch eine Pandemie im 21. Jahrhundert aus der Perspektive eines zurückblickenden Trauernden gestaltet. Mary Shelleys Roman »The Last Man« von 1826 lässt sich weder auf Bevölkerungshochrechnungen ein, noch verharrt er dabei, bürgerliche Alternativlosigkeit fortzuschreiben. Nicht nur weil Shelley die Entwicklung technischer Produktionsmittel, sondern auch weil sie einen Unterschied zwischen Natur­geschichte und Gesellschaftsgeschichte denken kann. Ihr letzter Mensch zieht sich nicht in die Waldeinsamkeit zurück, sondern gedenkt des Potentials menschlicher Tätigkeit. Sein Vergessen, das ist die Apo­kalypse.

 

Der Kongress »Klimawandel und Gesellschaftskritik« findet vom 20. bis zum 22. Mai in der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg statt. In 13 Panels, mehr als 30 Vorträgen und Podiumsdiskussionen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutieren, inwiefern die Naturzerstörung mit dem Kapitalismus zusammenhängt, ob ein »Green New Deal« sinnvoll wäre sowie ob und, wenn ja, wie das Individuum für den Klimawandel zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Veranstalterinnen und Veranstalter des Kongresses sind alle in der im Februar 2022 gegründeten Gesellschaft für kritische Bildung aktiv, über die man in Kürze mehr auf ihrer Website ­www.kritischebildung.de wird erfahren können.

 

Das Ich als Umweltbelastung

Der Ruf nach Nachhaltigkeit befördert eine neue Form von Subjektivität, die stark an das erinnert, was der Soziologe Ulrich Bröckling einst als das »unternehmerische Selbst« bezeichnete.

Von Mareike Willems

»Wie kann ich klimaneutral sterben?« – Ein Info-Post des WDR-Kanals »klima.neutral« auf Instagram informiert über die Folgen einer Bestattung für Umwelt und Klima. Sarg oder Urne? Nachhaltigkeitskriterien machen offenbar nicht mal vor dem Tod halt. Eine Erdbestattung schneidet am besten ab.

Nachhaltigkeit wird für manche immer mehr zu einem zentralen Handlungsmotiv ihres Alltags. Längst dient das individuelle nachhaltige Verhaltens nicht mehr nur dem Schutz von Umwelt oder Klima: Nachhaltigkeit ist zu einer Schablone für Lebensstil und Selbstdarstellung geworden. Das Ideal beeinflusst Selbstwahrnehmung und Entscheidungen. Eine völlig nachhaltige Lebensführung kann es in Wirklichkeit allerdings gar nicht geben.

Beim Blick auf den Hashtag »Nachhaltigkeit« lässt sich erkennen, dass viele der Anforderungen an das »unternehmerische Selbst« auch an ein nachhaltiges Ich gestellt werden, zum Beispiel Kreativität auf Abruf, Verantwortung und Selbstermächtigung.

Auf Instagram werden ganze Lebensentwürfe in Bezug auf die Nachhaltigkeit inszeniert. Das betrifft nicht nur die Alltagsgestaltung sowie den Konsum mit möglichst kleinem »ökologischem Fußabdruck«, sondern auch Ideale und politische Überzeugungen, die unter den Begriffen wie Achtsamkeit, Resilienz, body positivity oder awareness firmieren. Diese Gesinnung spiegelt sich auch in Hobbys und im Umgang mit dem eigenen Körper wider: So spielen etwa Yoga, Wandern, Gärtnern oder Meditieren eine große Rolle.

In Anlehnung an Foucaults Gouvernementalitätsthese (gouverner: regieren, mentalité: Denkweise) untersuchte der Soziologe Ulrich Bröckling Mitte der nuller Jahre die Subjektform des »unternehmerischen Selbst«, eine Art Idealtypus des an den volatilen Arbeitsmarkt an­gepassten Individuums. Dieses Leitbild destillierte er aus den klassischen Werken der Ökonomie und zeitgenössischer Ratgeberliteratur. An­getrieben vom allgegenwärtigen Wettbewerb unterziehe sich das Subjekt ganz ohne Verbot oder Straf­androhung einer strengen Selbstregulierung und Disziplinierung.

Beim genauen Blick auf den Instagram-Hashtag »Nachhaltigkeit« lässt sich erkennen, dass viele der Anforderungen an das »unternehme­rische Selbst« auch an ein nachhaltiges Ich gestellt werden, zum Beispiel Kreativität auf Abruf, Verantwortung und Selbstermächtigung. Die Botschaft lautet: Jeder Einzelne, jede Einzelne ist wichtig und jede Entscheidung kann die Nachhaltigkeit beeinflussen.

Bröckling beschreibt das Verhältnis des »unternehmerischen Selbst« zu seinem Körper so: »Jede Zigarette – ein kleines Todesurteil; jede Joggingrunde – ein kleiner Aufschub von dessen Vollstreckung. Wenn das Leben zur ökonomischen Funktion wird, bedeutet das Desinvestment den Tod.« Nach ähnlichen Kriterien trifft das nachhaltige Ich alltägliche Entscheidungen und lädt sie mit Bedeutung auf: Der Genuss eines Steaks wird nicht nur mit dem Tod eines Tiers verbunden, sondern ­bedeutet gleichsam einen weiteren Schritt hin zum Tod des Planeten.

Ähnlich ist auch der scheinbar unumgängliche Appell, optimistisch zu bleiben: Wie düster die eigenen Karriereaussichten oder die Berichte über die Erderwärmung auch sein mögen – das Subjekt sollte trotzdem optimistisch bleiben und sich anstrengen, das Beste daraus zu machen. Kritik trägt demnach nicht zur Bewältigung akuter Notlagen bei. Weiterhin lösen sich klassische Hierarchien nur vermeintlich auf, wenn etwa Arbeitgeber sich und ihre Angestellten als Team bezeichnen oder Unternehmen sich als Partner ihrer Kunden im Kampf gegen Umweltverschmutzung darstellen.

Durch diese Ideale und Denkmuster wird Sag- und Denkbares im Nachhaltigkeitsdiskurs etabliert. Nachhaltig ist, wer sich den Regeln entsprechend verhält, an die Wissenschaft glaubt und sich engagiert. Um die Frustrationstoleranz nicht allzu sehr zu strapazieren, berichten manche Influencerinnen und Influencer mittlerweile offen von ihren Nachlässigkeiten bezüglich der Nachhaltigkeit – und finden sie »auch okay«.

Nach dem Motto »Wir sind ja alle nur Menschen« sind also Abweichungen erlaubt, solange der Wille zur Nachhaltigkeit als allgemeiner Konsens nicht in Frage gestellt wird. Ein wirklicher Fehler wäre wohl eher mangelndes Problembewusstsein bezüglich der eigenen Inkon­sequenz. Darum steht ein umfassendes Instrumentarium zur Selbstüberwachung zur Verfügung: zum Beispiel CO2-Rechner, die den all­täglichen Fußabdruck quantifizieren, Ratgeber und Angebote zur CO2-Kompensation, um einmal verursachten Schaden auszugleichen.

Es hat sich somit in Bezug auf Nachhaltigkeit ein bestimmtes Realitätsverständnis ergeben. Dazu gehört die Deutung des Ichs als Umweltbelastung. Wer sich die Menschheit als Krebserkrankung vorstellt, gerät zwangsläufig in einen Konflikt mit sich selbst, zum Beispiel bei der Frage, ob man noch Kinder bekommen dürfe. Auch die Zunahme von sogenannter Klimaangst und Fällen von Burn-out in der Aktivistenszene ist vielleicht Anzeichen dafür, dass das nachhaltige Ich an den ­eigenen Erwartungen und an der Realität scheitern kann.

 

Natur und Mimesis

Adornos und Horkheimers Naturbegriff speiste sich aus dem Darwinismus, nahm aber auch romantische Einflüsse auf. Besonders wichtig für sie war in dieser Frage der Philosoph Roger Caillois.

Von Mirko Stieber

Mit Bezug auf das unerschütterliche Vertrauen in die Kräfte des wirtschaftlichen und des technischen Fortschritts, das seinerzeit verbreitet war, konstatierte der Physiker Werner Heisenberg 1955, dass »zum erstenmal im Laufe der Geschichte der Mensch auf dieser Erde nur noch sich selbst gegenübersteht, daß er keine anderen Partner oder Gegner mehr findet«. Wahrend der Natur­begriff in den vergangenen Jahrzehnten allmählich aus den geistes- und sozialwissenschaftlichen Diskussionen verschwunden ist, kehrt die äußere Natur in vielen heutigen Debatten als eigenständige Akteurin zurück.

So mehren sich die Diagnosen, die – aufgrund der nicht mehr zu leugnenden ökologischen Katastrophe – von einem Zeitalter des »Anthropozäns« sprechen und damit das beschädigte Verhältnis zwischen Menschen, anderen Lebewesen und Dingen problematisieren wollen. Die Natur wird nicht mehr ausschließlich als eine passive beschrieben, über die der Mensch beliebig verfügen könne, sondern ihr wird eine Handlungsmacht zugeschrieben: Sie agiert und reagiert.

Adornos und Horkheimers Analysen sehen in der Entzauberung der Natur zu einer bloß passiven Materie zugleich eine  Selbstverdinglichung des Menschen – bleibt er doch als Naturwesen weiterhin ein Teil von ihr.

Die Frage, ob der Natur selbst Eigenschaften von Subjektivität zukommen – etwa Intentionen, Produktivität oder Imagination –, also ob sinnvollerweise von einem Natursubjekt gesprochen werden kann, ist innerhalb der philosophischen ­Tradition wiederholt diskutiert worden: Sie reicht zurück bis zu den Naturphilosophien der Vorsokratiker und stellte vielfach den Versuch dar, nach dem Wegfall der sakralen Tradition metaphysische Impulse zu bewahren. So trat der Natur- und Lebensbegriff tendenziell an die ­vakante Stelle Gottes und wurde zum Sinnbild einer Materialität, die nicht auf den Menschen und seine Selbsterhaltungsinteressen reduzierbar ist.

In den Nachkriegsjahrzehnten war es vorrangig die Kritische Theorie in Anschluss an Max Horkheimers und Theodor W. Adornos »Dialektik der Aufklärung«, die Gesellschaftskritik mit einer grundsätzlichen Kritik der Naturbeherrschung verband. Ihre Analysen sehen in der Entzauberung der Natur zu einer bloß passiven Materie zugleich eine Selbstverdinglichung des Menschen – bleibt er doch als Naturwesen weiterhin ein Teil von ihr. Diese Verschränkung von Naturbeherrschung und sozialer Herrschaft wurde später zugunsten einer ausschließlich intersubjektiven Konzeption fallengelassen. Verdinglichung wird in den Neuinterpretationen ausgehend von Jürgen Habermas letztlich auf soziale Verhältnisse beschränkt. Ein instrumentelles Verhältnis zur äußeren Natur wird dadurch als notwendig vorausgesetzt.

Adorno und Horkheimer waren zwar weit von einer solchen Vereinseitigung entfernt, das Verhältnis zum Naturbegriff innerhalb der älteren Kritischen Theorie ist allerdings alles andere als eindeutig. Ihr Denken ist von darwinistischen Naturbildern einer Urgeschichte des »Fressens und Gefressenwerdens« geprägt – wie es etwa in der »Negativen Dialektik« von Adorno heißt – und zugleich von romantischen Einflüssen, die im Gegensatz zu ihnen von einer »idealisierten Urgeschichte« erzählen.

So handelt etwa das letzte Fragment in der »Dialektik der Aufklärung« vom »Fühlhorn der Schnecke«, anhand dessen ein mimetisch-anschmiegendes Weltverhältnis illus­triert wird, das sich innerhalb der verhärteten Verhältnisse eine Sensibilität bewahrt. Andererseits betonen Adorno und Horkheimer in Anschluss an darwinistische Inter­pretationen, dass die Mimesis als leibliches Vermögen ihren natur­geschichtlichen Ursprung im biologischen Überlebensmechanismus der Mimikry hat: wenn etwa ein Insekt sich Blättern oder Blüten anähnelt, um dem Blick eines Fressfeindes zu entgehen.

Wesentliche Impulse ihres Mimesis-Begriffs verdanken Adorno und Horkheimer der Naturphilosophie des französischen Soziologen Roger Caillois. Stärker noch als die Kritische Theorie fasste dieser Natur statt in Kategorien von Selbsterhaltung oder Mangel als einen Ausdruck eines Überschusses der Materie auf. Wie er in seinem Aufsatz »Mimese und legendäre Psychasthenie« (1935) darlegte, erfüllt die Mimikry gar keine Schutzfunktion: So finden sich »in den Mägen von Räubern zahlreiche Überreste mimetischer Insekten. Daher ist es auch nicht verwunderlich, daß diese bisweilen über noch andere, wirksamere Verteidigungsmittel verfügen«, wie etwa Stacheln oder Panzerungen. Caillois gilt die Mimikry daher nicht als Selbsterhaltungsmittel, sondern – ganz im Gegenteil – als ein »Luxus« der Natur, in dem das schöpferische Spiel der Materie selbst zum Ausdruck kommt.

In der heutigen Rezeption der »Dialektik der Aufklärung« werden die romantischen Anleihen in Horkheimers und Adornos Naturbegriff, die auf der spekulativen Annahme einer Natursubjektivität beruhen, oft zugunsten darwinistisch-funktionaler Interpretationen vernachlässigt. Den Blick auf diese Seite ihres Denkens kann nicht zuletzt eine Auseinandersetzung mit Roger Caillois’ ­Naturphilosophie schärfen: Denn solange »Natur«, wie es in Adornos »Ästhetischer Theorie« heißt, »einzig durch ihre Antithese zur Gesellschaft definiert wird« – das heißt als bloßes Objekt und nicht als Subjekt –, ist sie »noch gar nicht«.