Alte, weise Hunde

Alte Hasen und Hunde

Cocolumne Von

Als Kane Tanaka geboren wurde, gab es noch keine Flugzeuge. Erst elf Monate später hoben die Brüder Wright zum ersten Mal motorisiert mit ihrem Doppeldecker von der Erde ab, um nur 37 Meter weiter wieder zu landen. Nun ist Tanaka mit 119 Jahren in ihrer Heimatstadt Fukuoka in Japan gestorben. Sie war der älteste lebende Mensch – jedenfalls soweit man weiß. Zudem war sie auch der Mensch mit der zweithöchsten jemals dokumentierten Lebensdauer. Älter als sie wurde nur Jeanne Louise Calment, die 1997 im Alter von 122 Jahren und 164 Tagen verstarb. Als Calment 1875 geboren wurde, war Otto Lilienthal noch nicht einmal mit seinem merkwürdigen Fluggerät vom Hang gehopst.

Auch bei Hunden gibt es einen Rekordhalter: TobyKeith, einen kleinen Chihuahua. Als er 2001 zur Welt kam, konnten die Menschen längst fliegen, und einige von ihnen nutzten diese Fähigkeit dazu, vollbesetzte Passagiermaschinen in Hochhäuser in New York City und in das Pentagon in Arlington County, Virginia, zu lenken und so 3 000 Menschen in den Tod zu reißen. Der kleine TobyKeith lebt immer noch. Er ist 21 Jahre und ein paar Monate alt. Er spielt gerne mit Coco, nicht meiner Coco, sondern einem 28jährigen Kakadu, mit dem er befreundet ist. Der älteste jemals registrierte Hund wurde angeblich zwei Jahre und fünf Monate alt. Meist segnen Hunde mit zehn bis 17 Jahren das Zeitliche, je nach Körpergröße. Große Hunde sterben früher.

Nun sagt man bei Menschen, sie würden im Alter weise. Obwohl alle wissen, dass es genügend Ausnahmen von dieser Regel gibt, kann ich das von mir durchaus bestätigen. Man wird nicht unbedingt klüger – aber weiser schon. Das ist aufgrund der zusammenkommenden Lebenserfahrung kaum zu vermeiden. Bei Hunden ist das nicht anders. Auch für sie zählt vor allem Erfahrung.

So stand Coco, also nicht der Kakadu, sondern mein kleiner Trüffelhund, schon im Alter von zwei Jahren gierig das Maul leckend neben dem Kühlschrank, sobald man nur den Aludeckel vom Joghurtbecher abzog. Das Geräusch hatte sie sich gemerkt, sie liebt nämlich Joghurt. Inzwischen ist sie schon viereinhalb und hört bereits, wenn man den Joghurtbecher nur in die Hand nimmt – dieses leise Geräusch, das entsteht, wenn das Plastik des Bechers unter dem Druck der Finger leicht nach innen knickt. Schon kommt Coco angeflitzt und steht parat, und zwar nicht mehr neben dem Kühlschrank, sondern direkt vor der Schublade, aus der ich dann gleich den Löffel nehmen werde, um ihr diesen zum Joghurtablecken hinzuhalten. Man mag sich kaum ausmalen, was sie in nochmal zwei Jahren alles schon können wird. Weisheit ist eben unaufhaltsam.