1968 gab es bundesweit Krawalle gegen Fahrpreiserhöhungen

Krawalle, Senf und Rote Punkte

Die Fahrpreisproteste begannen bereits im Herbst 1966 in Köln als spontane Jugendkrawalle und weiteten sich rasant über Westdeutsch­land aus. Sie sind ein in der Rückschau kaum beachteter Aspekt des deutschen ’68, dominierten damals aber für eine Weile das Geschehen.

Klaus Laepple, so der Eintrag über ihn bei Wikipedia, ist ein »deutscher Unternehmer und Spitzenfunktionär der Tourismusbranche«. Auf Fotos sieht der mittlerweile 82jährige ernst aus, eben so, wie man sich einen Unternehmer vorstellt. Filmaufnahmen von 1966 zeigen Laepple als einen steifen, etwas ­unsicheren Mann mit schütterem Haar. Für den 24. Oktober jenes Jahres kündigten die städtischen Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) eine Preiserhöhung an. Um mehr als die Hälfte sollte das Schüler-, Lehrlings- und Studententicket teurer werden: von 2,50 DM pro Woche auf 3,80 DM.

Wie damals (nicht nur) in Köln üblich, fand eine öffentliche Debatte nicht statt. Laepple war AStA-Vorsitzender an der Universität zu Köln und ein überzeugtes CDU-Mitglied. Aber er sah nicht ein, wieso die Hauptleidtragenden jener Preispolitik die soziale Gruppe sein sollte, die am wenigsten Geld zur Verfügung hatte. Nachdem alle Eingaben und Aufforderungen zum Gespräch zu nichts geführt hatten, meldete der 26jährige eine Demonstration an. Den Rektor der Universität informierte Laepple in einem Brief über die Demon­stration, wobei er auch ankündigte, dass Aktionen zivilen Ungehorsams geplant seien.

Was dann folgte, waren drei Tage, die als »KVB-Schlacht« in die jüngere Stadtgeschichte Kölns eingingen. 8 000 Schüler und Studierende besetzten die Straßenbahnknotenpunkte Zülpicher Platz und Rudolfplatz, zerstörten die Gleise und lieferten sich Straßenschlachten mit der Kölner Polizei. Die setzte Wasserwerfer ein, die jungen Leuten schlugen zurück, indem sie die Polizisten mit Senf bespritzten. Am Ende zählte die Polizei 39 Festnahmen und zwölf Verletzte, darunter ein Polizist. Laepple wurde auf 89 392 DM Schadensersatz verklagt, aber nie verurteilt, da sein Fall 1970 unter ein Straffreiheitsgesetz fiel. Die Preiserhöhung wurde nicht rückgängig gemacht. In der Öffentlichkeit zeigten sich KVB-Vorstand und Stadtverwaltung zufrieden, dass die Polizei hart durchgegriffen habe.

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