Der Schusswaffenangriff in Heidelberg wird bei Twitter unverzüglich beraunt

Unverzügliches Geraune

Das Medium Von

Montag, 24. Januar, 15 Uhr: In Heidelberg hat es an der Uni einen Amoklauf gegeben, und seit rund einer halben Stunde wird auf Facebook, Twitter und all den anderen Dingsies spekuliert, dass es nur so kracht. Natürlich nicht von allen Nutzern, die meisten wollen bloß wissen, was da nun genau los war, manche machen sich Sorgen um Freunde und Verwandte.

Die lautstarke Minderheit derjenigen, die nicht nur nicht gelernt hat, dass es eine Stunde nach einem Vorfall noch keine gesicherten Fakten geben kann – oder die es einfach nicht lernen will –, ist jedenfalls schwer mit Pöbeln beschäftigt. Rund zwei Minuten nach der ersten Meldung der Polizei will jemand wissen, warum keine Meldung bei den Warn-Apps Nina und Katwarn angezeigt worden sei. Könnte sein, dass das daran liegt, dass der Täter tot ist, aber wenn man wie dieser Jemand ansonsten auf seinem Account unermüdlich damit beschäftigt ist, Politik, Polizei und natürlich der Wissenschaft kontinuierlich Versagen vorzuwerfen, darf man nicht zimperlich sein und muss sofort den Grundstein für weiteres, wohl tagelang anhaltendes Geraune legen.

Ansonsten finden Impfgegner, dass der Amoklauf ein weiteres Zeichen dafür sei, wie sehr die angeblich gar nicht existierende Pandemie die Menschen kirre mache. Vielleicht, so twittern sie, sei der Täter ja auch ein Geimpfter, der durch die Impfung verrückt geworden sei. Und ein paar Impfgegnergegner glauben umgekehrt, dass der Täter sicher ein Ungeimpfter gewesen sei.

Andere posten dagegen Bilder des Youtubers Drachenlord und hoffen, dass auch diesmal wieder irgendeine Provinzzeitung darauf hereinfällt und diese als vermeintliche Fotos des ­Täters veröffentlicht.

Insgesamt wirkt es allerdings so, als sei die Medienkompetenz in den vergangenen Monaten etwas größer geworden, andererseits kann das aber auch daran liegen, dass Amokläufe und Anschläge zur Hauptarbeitszeit eher nicht so viel Aufsehen erregen.