Das iranische Regime ging mit Maximalforderungen in die Atomverhandlungen

Stur bis zur Atombombe

In den Atomverhandlungen von Wien wartet das iranische Regime mit Maximalforderungen auf. Die Zeitspanne, bis es genügend waffenfähiges Uran für eine Atombombe hat, wird derweil immer kleiner.

Als am Donnerstag der vergangenen Woche in Wien die Atomgespräche mit dem Iran wiederaufgenommen wurden, begann damit bereits die siebte Verhandlungsrunde. Die Gespräche mit Vertretern des iranischen Regimes führen Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland und China. Die Europäer fungieren auch als Vermittler zwischen dem Iran und den USA, denn die iranische Regierung weigert sich, direkt mit dem US-Sondergesandten Robert Malley zu sprechen. Es geht um die Wiederherstellung des Atompakts von 2015, des Joint Comprehensive Plan of Action (gemeinsamer umfassender Aktionsplan, JCPOA). Dieser beinhaltete eine Verpflichtung des Iran, sein Nuklearprogramm für etwa zehn Jahre einzuschränken und Kontrollen durch internationale Inspektoren zuzulassen. Im Gegenzug wurden die Wirtschaftssanktionen ausgesetzt, die USA, EU und Uno gegen das Land verhängt hatten.

Für das Regime war die Vereinbarung ausgesprochen günstig. Sie schränkte sein Hegemoniestreben zwischen Persischem Golf und Mittelmeer nicht ein und hielt es nicht davon ab, seine Machtstellung etwa im Irak, in Syrien und im Jemen auszubauen. Das Atomabkommen war auch kein wirksames Hindernis für die Entwicklung ballistischer Raketen, die als Träger von Atombomben in Zukunft vor allem Israel, aber auch Europa und die USA bedrohen könnten.

Das iranische Regime verlangt die Aufhebung aller US-Sanktionen – auch derjenigen, die aufgrund der Un­terstützung von Terrorismus oder Menschenrechtsverletzungen verhängt wurden.

Zudem stellte der Pakt keine dauerhafte Lösung dar, schließlich galten wesentliche Einschränkungen nur für etwa ein Jahrzehnt. Die längerfristige Option des Regimes, nämlich der Bau von Atombomben, blieb unangetastet. Nachdem Donald Trump 2017 US-Präsident geworden war, scheiterten Gespräche über eine Revision der Vereinbarung. Deshalb stiegen die Vereinigten Staaten 2018 aus der Vereinbarung aus und setzten ihre Sanktionen wieder in Kraft.

Die Europäer hielten dagegen am Abkommen fest, doch der Iran zog sich schließlich ebenfalls aus ihm zurück. Er betrachtete jegliche Einschränkung im Bereich der Urananreicherung als ungültig; zudem hat das iranische Parlament im November 2020 ein Atomgesetz verabschiedet, das alle wichtigen Verpflichtungen in der Vereinbarung für nichtig erklärt.

Einem Bericht der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) von Mitte November zufolge verfügt das iranische Regime insgesamt über 2 489,7 Kilogramm angereicherten Urans, ein Vielfaches der im Atomvertrag von 2015 erlaubten Menge von 203 Kilogramm. Darunter sind schätzungsweise 17,7 Kilogramm an bis zu 60 Prozent angereichertem spaltbarem Uran, ein Zuwachs um acht Kilogramm seit August, und 113,8 Kilogramm bis zu 20 Prozent angereicherten Urans.

Diese Mengen dürften weiterhin deutlich steigen, zumal das iranische Regime längst erheblich leistungsfähigere Zentrifugen einsetzt als zuvor. Dadurch hat sich die sogenannte Breakout-Zeit stark verkürzt, also die Zeitspanne, die der Iran benötigt, um das waffenfähige Uran herzustellen, das für eine Atombombe erforderlich ist.

Die Parameter des Atomabkommens von 2015 legten diese Breakout-Zeit auf ein Jahr fest, mittlerweile jedoch beläuft sie sich nach Einschätzung des renommierten Institute For Science And International Security im schlimmsten Szenario auf nur noch drei Wochen. Nach zwei Monaten könnte der Iran demnach ausreichend waffenfähiges Uran für eine zweite Bombe haben und nach dreieinhalb Monaten genug für eine dritte. Soll der Status von 2015 wiederhergestellt werden, dann müsste der Iran zumindest sämtliche Anlagen zur Uranmetallproduktion und zur Hochanreicherung zerstören.

Das aber wird das Regime gewiss nicht tun. Im Gegenteil wartet es bei den derzeitigen Verhandlungen mit Maximalforderungen auf und verlangt beispielsweise die Aufhebung aller US-Sanktionen – also auch solcher, die sich nicht gegen das Nuklearprogramm richten, sondern aufgrund der Unterstützung von Terrorismus oder Menschenrechtsverletzungen verhängt wurden. Es ist zudem nicht bereit, sein Atomprogramm wieder einzuschränken, wenn die Sanktionen aufgehoben werden.

Von Seiten der europäischen Diplomaten heißt es in einem Schreiben, es sei »nicht abzusehen, wie diese neuen Verhandlungslücken in einem realistischen Zeitrahmen auf Basis der iranischen Änderungsvorschläge geschlossen werden könnten«. Die britische Außenministerin Liz Truss spricht deshalb von der »wirklich letzten Chance«, zum Abkommen von 2015 zurückzukehren. Im US-Fernsehsender NBC wurde bereits die Frage diskutiert, was getan werden könnte, um den iranischen Griff zur Bombe noch zu verhindern. Angeregt wurde unter anderem, China zu überreden, Ölimporte aus dem Iran zu beenden, eine Verschärfung der Sanktionen, der Beginn verdeckter Operationen zur Sabotage des iranischen Nuklearprogramms und Militärschläge gegen iranische Nuklearanlagen oder die Unterstützung israelischer Militäraktionen.

Diese Überlegungen zeigen, wie ernst die Situation ist. Nicht zuletzt für Israel, dessen Außenminister Yair Lapid im Oktober sagte: »Wenn sich ein Terrorregime Atomwaffen beschaffen will, müssen wir handeln. Wir müssen klarmachen, dass die zivilisierte Welt dies nicht erlauben wird. Wenn die Iraner nicht glauben, dass die Welt sie ernsthaft aufhalten wird, werden sie schnell zur Bombe greifen.«