Christoph Türcke schreibt über Quotierung als Irrweg der Demokratie

Aporien der Sichtbarkeit

Der Philosoph Christoph Türcke untersucht in seinem neuen Buch die Folgen der Identitätspolitik für die Demokratie.

Seit anstelle der Ideen von Gerechtigkeit und Universalismus die Schadensabwehr zur moralischen Richtschnur avanciert ist, werden in der Fehde um Diskriminierung alle Winkel der westlichen Welt nach Residuen sexistischer und rassistischer Denkweisen durchforstet, die, weil man sie auf rein subjektiver Ebene sucht, überall gefunden werden können. Der Sozialwissenschaftler ­Detlev Claussen hat dies einmal als »Kümmerform der Gesellschaftskritik« auf den Begriff gebracht, weil diese sich nicht länger für die Funktionsweise von und die Verzerrungen innerhalb der Gesellschaft interessiert, sondern nur für die gleichmäßige Vertretung von immer kleineren Grüppchen. Damit hält das volksgenossenschaftliche Clan-Denken Einzug in die Gesellschaft und ihre politischen Institutionen.

Das ist der Ausgangspunkt von Christoph Türckes jüngstem Essayband »Quote, Rasse, Gender(n): Demokratie auf Abwegen«, der die derzeitigen Kulturkämpfe kritisch beleuchtet. Der Autor ist dafür bekannt, auch vom Mainstream bekrittelte Positionen ohne Scheu vor Widerspruch auszusprechen. Schon in seinen vorherigen Bänden, »Digitale Gefolgschaft: Auf dem Weg in eine neue Stammesgesellschaft« (2019) und »Natur und Gender: Kritik eines Machbarkeitswahns« (2021), hat er die Quelle des neuen Identitarismus offengelegt: ein überschießender Konstruktivismus, der die soziale Wirklichkeit einer beliebig instrumentalisierbaren Verfügungsmasse anverwandelt, und, wo es um die Forderung nach sozialer Repräsentation geht, ein umso eklatanteres Gruppendenken generiert. Der neue Band thematisiert nun eine Synthese der verschiedenen Bewegungen und beschreibt, wie zunächst berechtigte Akzeptanz- und Toleranzforderungen in selbstgerechte Ideologie umschlagen.

Die immer beliebtere Forderung nach Parität – wie etwa in dem vor dem Thüringer Verfassungs-gerichtshof gescheiterten Paritätsgesetz – ist für Türcke die Zerrform des Emanzipationsbestrebens.

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