Tong Ying-kit ist der erste nach dem Hongkonger Sicherheitsgesetz Verurteilte

Mundtot in Hongkong

Porträt Von

»Reden ist Silber, Schweigen ist Gold«, lautet ein häufig bemühtes Sprichwort – je nach Intention, um Kritik zu unterbinden oder Laberbacken zu bremsen. Ersteres ist das Ziel des sogenannten Sicherheitsgesetzes in Hongkong. Es kriminalisiert jede Befürwortung der Sezession, also der Abspaltung von China, Kritik an der Autorität der Zentralregierung, Terrorismus sowie »Absprachen mit ausländischen Kräften« und sieht bis zu lebenslange Haftstrafen vor.

Der 24jährige Tong Ying-kit ist der erste Verurteilte, auf den das Gesetz angewandt wurde, das am 30. Juni 2020 als Reaktion auf die Massenproteste, die sich seit 2019 gegen die wachsende Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Sonderverwaltungszone richten, eingeführt worden war (Jungle World 41/2020). Am Dienstag voriger Woche war der Unterstützer der Demokratiebewegung in Hongkong für schuldig befunden und am Freitag zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Zuvor hatte der ehemalige Kellner schon über ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen. Insgesamt drohen ihm also fast zehn Jahre hinter Gittern – dabei hatte er nicht einmal geredet. Am 1. Juli 2020 war er verhaftet worden, nachdem er während einer Demonstration im Hongkonger Distrikt Wan Chai mit seinem Motorrad in eine Gruppe von drei Polizisten gefahren war. Offenbar war er von diesen gestoppt worden und hatte versucht zu fliehen. Die drei Beamten und er wurden dabei verletzt. Beanstandet wurde allerdings in erster Linie, dass sein Kraftrad eine Fahne mit dem populären Slogan »Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit« zierte. Die drei Richterinnen und Richter, die die pekingtreue Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam eigens ausgesucht haben soll, um nationale Sicherheitsfälle zu bearbeiten, sahen darin »Anstiftung zu Sezession und terroristischen Aktivitäten«.

Tong Ying-kit ist jedoch nicht das einzige Opfer des Sicherheitsgesetzes, bereits mehr als 130 Personen wurden aufgrund dieser Kriminalisierung kritischer Äußerungen über die Volksrepublik China festgenommen. Und selbst gegen Menschen, die während der öffentlichen Übertragung der Olympischen Spiele in einem Hongkonger Einkaufszentrum beim Erklingen der chinesischen Nationalhymne buhten und den Gesang »Wir sind Hongkong« anstimmten, wird nun wegen »beleidigenden Handlungen« ermittelt. Die Freude über die Gold- und Silbermedaillen für Hongkonger Sportlerinnen und Sportler ist da nur ein schwacher Trost.