»Stresz«, das neue Album von Egotronic

Banales zum Jubiläum

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Aus Anlass ihres 20jährigen Bestehens veröffentlichen Egotronic »Stresz«, ihr zehntes Album. »Hatten wir früher noch Ideen, bleiben jetzt nur Jubiläen«, räumt Sänger Torsun in einem Duett mit Andreas Dorau ein, das die Platte abschließt – das kann die Hörerin nur bestätigen. Nicht die Songs brauchten ein Album, sondern das Jubiläumsalbum benötigte Songs. Und wenn schon akuter Kreativitätsmangel herrscht, liegt nichts näher, als von dem zu singen, über das alle eh reden: ­Corona.

»Deutschland krempelt die Ärmel hoch« ist der Titel der staatlichen Covid-19-Impfkampagne und Egotronic stimmen ein: »Bürger lasst das Glotzen sein / Komm mit uns und reih dich ein / Ärmel hoch und Spritze rein«, heißt es im Song »Nadel verpflichtend«. Und weiter: »Hier spricht die Szenepolizei: Machen Sie die Vene frei!« Sobald Torsun die Demosprüche ausgehen, weicht er auf Schlagerabwandlungen aus: »Der schönste Platz ist in der Apotheke / Da gibt es Pillen und Wässerchen und so / Heißt viel mehr Abwechslung als Saufen an der Theke«. Sämtliche Texte auf »Stresz« sind so banal, dass selbst Deutschpunk-Bands vor Scham im Boden versänken, wenn sie so etwas abliefern würden. Wenig überraschend bemüht sich Thees Uhlmann, der den Waschzettel zum Album verfasst hat, in ebenjenem möglichst wenig zur Platte selbst zu schreiben. Er erwähnt überhaupt nur drei Songs namentlich.

Wer hofft, das sei alles ganz ironisch gemeint, wird von Torsun im Song »Schlusz mit lustig« eines Besseren belehrt: »Die Zeit für Satire ist endgültig vorbei / Wenn Überspitzung zur Entlarvung nicht mehr taugt / Der Wirklichkeit in ihrer Drastik ist der Witz doch einerlei / Und die Satire ihrer Aufklärung beraubt«. Dabei ist es doch gerade und nur die Satire, die die Realität ein kleines bisschen erträglicher macht. Dass die Kunst, die sich neuerdings als systemrelevant begreift, sich damit selbst den Stachel zieht, dafür ist das neue Album von Egotronic ein guter ­Beweis.

Egotronic: Stresz (Audiolith)