Von der geplanten Fusion von ­Vonovia und Deutsche Wohnen werden Mietende nicht profitieren

Gemeinsam stark

In der vergangenen Woche gaben die beiden Großunternehmen Vonovia und Deutsche Wohnen bekannt, dass sie eine Fusion zu anstreben. Ob diese erfolgen kann, ist von der Zustimmung des Kartellamts abhängig, überdies müssen die Halterinnen und Halter von mehr als 50 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien das Kaufangebot von Vonovia annehmen. Beide Entscheidungen soll bis Ende August feststehen. Das Ergebnis einer Fusion wäre der größte Wohnimmobilienkonzern Europas mit etwa 550 000 Einheiten im Wert von 90 Milliarden Euro.

Das Angebot der Unternehmen, der Stadt Berlin 20 000 Wohnungen zu verkaufen, ist angesichts des Kaufpreises von mindestens 2,1 Milliarden Euro kein Akt der Barmherzigkeit.

Nachdem der vorherige Versuch zur Übernahme des Konkurrenten Deutsche Wohnen (DW) durch Vonovia 2015 am Widerstand der Aktionäre und Aktionärinnen sowie des DW-Vorstandsvorsitzenden Michael Zahn scheiterte, stehen die Chancen zur Vereinigung nun günstiger, denn Vorstand und Aufsichtsrat von DW stimmen diesmal dem Unterfangen zu. Den Aktionärinnen und Aktionären soll die Entscheidung zum Verkauf ihrer Wertpapiere mit einer Prämie von knapp 18 Prozent erleichtert werden. Insgesamt will Vonovia 18 Milliarden Euro in die Übernahme investieren.

In ihrer gemeinsamen Presseerklärung fokussierten sich die Unternehmen auf den Berliner Wohnungsmarkt, wo etwa 150 000 Wohnungen von der Fusion betroffen sind. Die Verantwortlichen beider Unternehmen beteuerten, mieterorientiert und gesellschaftlich verantwortungsvoll arbeiten zu wollen. Außerdem bieten sie im Zuge der Fusion dem Land Berlin 20 000 Wohnungen zum Kauf an und sagen zu, die Mieten in ihrem örtlichen Bestand für die nächsten drei Jahre um höchstens um ein Prozent jährlich zu erhöhen.

Mit Blick auf die Kampagne »Deutsche Wohnen und Co. Enteignen«, in deren Rahmen derzeit Unterschriften gesammelt werden, um im September die Berliner Bevölkerung über eine Enteignung der großen Wohnungsunternehmen abstimmen zu lassen, ist diese Zusage taktisch klug. Die Mietenden sollten sich jedoch nicht zu viele Hoffnungen machen. Da sich die Zusage, Mietsteigerungen zu begrenzen, auf den Gesamtbestand bezieht, sind erhebliche Erhöhungen bei einzelnen Mietverhältnissen nicht ausgeschlossen. Überdies konnte Vonovia in den vergangenen Jahren die Mieten ohnehin nur um ein Prozent steigern, weil der Rahmen bei den Mietobergrenzen und Umlagen in vielen Fällen schon ausgereizt war. »Das heißt, eine solche Regelung wird bei den Aktionären auf wenig Widerstand stoßen«, sagte Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, der Jungle World.

Er kritisierte zudem, dass ein Großteil der wachsenden Gewinne der letzten Jahre durch hohe Mietpreissteigerungen bei Wiedervermietung ohne vorher stattgefundene Renovierungsarbeiten sowie sogenanntes Insourcing, also die Vergabe von Instandhaltungsarbeiten an Tochterunternehmen, erwirtschaftet wird. Letzteres ermöglicht es den Unternehmen, die Preise für diese Dienstleistungen zu erhöhen, über die Betriebskostenrechnung auf die Mietenden umzulegen und die Gewinne zu reinvestieren. Bei Vonovia mache dies bereits 15 Prozent des Gewinns aus, so Wild.

Auch Jenny Stupka, eine Sprecherin von »Deutsche Wohnung und Co. enteignen«, spricht in einer Erklärung zur geplanten Fusion diese Probleme an: »Wir kennen die Vermietungspraxis von Vonovia: Ihre Spezialität sind überhöhte Nebenkostenabrechnungen, die über Tochterfirmen in die Tasche des Mutterkonzerns zurückfließen. Vonovia wird den Spekulationspreis, den sie für Deutsche Wohnen bezahlen wird, aus den Mietenden herauspressen wollen. Wenn nicht sofort, dann etwas später.«

Das Angebot der Unternehmen, der Stadt Berlin 20 000 Wohnungen zu verkaufen, ist angesichts des Kaufpreises von mindestens 2,1 Milliarden Euro kein Akt der Barmherzigkeit. Allein die Tatsache, dass es sich bei den bei den Dax-Unternehmen um Aktiengesellschaften handelt, sie also zuerst ihren Anteilseignerinnen und -eignern verpflichtet sind, steht dem Versprechen ­entgegen, sozialverträgliche Mietpolitik zu betreiben. Zwar müsse sich, so Wild, auch eine Aktiengesellschaft an das Mietrecht halten, aber die Leitung der Unternehmen setzte sich Regressforderungen aus, wenn sie auf mögliche Einnahmen verzichtete.

Wenig überraschend und entgegen den blumig formulierten freiwilligen Selbstverpflichtungen wird die geplante Fusion wohl die angespannte Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt und darüber hinaus eher weiter verschlechtern. Immerhin könnte er der Berliner Enteignungskampagne noch größere Zustimmung verschaffen.