China und der Iran haben ein Wirtschaftsabkommen geschlossen

Eine Straße von Peking nach Teheran

China und der Iran haben ein Partnerschaftsabkommen geschlossen. Damit will China seinen weltweiten Einfluss ausbauen. Vor allem aber soll der Vertrag dem Iran nutzen, dessen Wirtschaft seit Jahren von US-Sanktionen gebeutelt wird.

Verkauft sich der Iran an China? Ende März gaben die Außenminister der beiden Länder, Wang Yi und Mohammed Javad Zarif, bekannt, ein Abkommen über eine umfassende strategische Partnerschaft unterzeichnet zu haben. China werde iranische Ölexporte in erheblichem Umfang und zu günstigen Preisen erhalten und seinerseits in iranische Infrastrukturprojekte investieren. Die Vereinbarung soll für 25 Jahre gelten und geht auf einen Vorschlag zurück, den Chinas Präsident Xi Jinping bereits vor fünf Jahren bei einem Besuch in Teheran unterbreitet hat.

Dort geht man nun davon aus, die Ölfördermenge verzehnfachen zu können, nachdem die Förderung zuletzt stark unter den Sanktionen der USA ­gelitten hat. Mit diesem Coup wollen Präsident Hassan Rohani und sein rühriger Außenminister Zarif Einnahmen generieren, um das Land aus der chronischen Wirtschaftskrise herauszuführen. Im Iran soll am 18. uni ein Nachfolger Rohanis gewählt werden, da dieser nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren darf. Das sogenannte Lager der Gemäßigten und Reformer, dem Rohani angehört, musste bei den Parlamentswahlen im vorigen Jahr eine schwere Niederlage hinnehmen und ist dringend auf vorzeigbare Erfolge angewiesen. Zarif könnte sich ihm als Kandidat empfehlen.

Für China wiederum ist das Abkommen ein weiterer Meilenstein seiner »Belt and Road Initiative«, auch »One Belt, One Road« genannt, die im deutschen Sprachraum nicht sehr glücklich als »Neue Seidenstraße« bezeichnet wird. China baut an strategisch relevanten Handelswegen Fabriken, Straßen und Häfen, um entlang dieser Routen Einfluss zu gewinnen. Seine ökonomische Expansion trägt deutlich imperi­alistische Züge, aber militärische Mittel setzt China eher sparsam ein.

Die Motive der beiden Partner scheinen also relativ klar und nachvollziehbar zu sein. Dennoch wird der Text des Abkommens nicht veröffentlicht und aus seinem Inhalt ein großes Geheimnis gemacht. Das Handelsblatt (27.3.2021) berichtete, dass »das Abkommen bei der Bevölkerung nicht gut ankommt«, nicht nur Oppositionskräfte im Iran verlangen Auskünfte darüber, welche Zugeständnisse gemacht worden seien und in welche Abhängigkeiten man sich damit begebe. Dazu ist die Regierung nicht bereit; angeblich bestehe die chinesische Seite auf Vertraulichkeit. Außerdem handele es sich gar nicht um einen nach internationalem Recht verbindlichen Vertrag. Die chinesische Regierung wiederum möchte den Eindruck vermeiden, in den Konflikten im Nahen Osten Partei zu ergreifen, und sagt zum Vertrag nur, solche Vereinbarungen strebe man mit vielen Ländern an.

So wird das Abkommen von internationalen Beobachtern mal über- und dann wieder unterbewertet. Das Iran Journal beispielsweise, eine Plattform der demokratischen Exilopposition, spricht von einem »Bluff«. Zarif spiele die chinesische Karte, um Druck auf die neue US-Regierung auszuüben, damit sie den Ausstieg aus dem Atom­abkommen von 2015 revidiert und die unter Präsident Donald Trump erlassenen Sanktionen ohne weitere Bedingungen aufhebt. Trumps Amtsnachfolger Joe Biden hat seine grundsätzliche Bereitschaft dazu schon erklärt; er verlangt aber, dass der Iran seine mittlerweile umfassenden Verstöße gegen das Nuklearabkommen (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) rückgängig macht. Scheinbar geht es bei diesem Streit nur darum, wer den ­ersten Schritt macht. Das Problem glauben die anderen Teilnehmer des JCPOA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China, lösen zu können. Im April wollen sie sich in Wien wieder einmal zu getrennten Verhandlungen mit Vertretern der USA auf der einen und des Iran auf der anderen Seite treffen, um ihr diplomatisches Meisterwerk von 2015 doch noch zu retten.

Von diesem ist jedoch nichts mehr übrig. Nach Mitteilungen der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) hat der Iran seinen Vorrat an leicht angereichertem Uran auf das 14fache der im JCPOA vereinbarten Menge gesteigert; außerdem besitze er bereits 17,6 Kilogramm Uran mit einer Anreicherung von 20 Prozent und experimentiere mit Uranmetall statt Uranoxid. Zudem seien die regelmäßigen Überprüfungen durch Inspektoren der IAEA beeinträchtigt. Wohin die Reise gehen soll, erklärte Revolutionsführer Ali Khamenei in gewohnter Offenheit: »Wir sind entschlossen, unsere nuklearen Fähigkeiten den Bedürfnissen des Landes anzupassen. Daher wird die Grenze der Anreicherung nicht bei 20 Prozent liegen. Sollten die Bedürfnisse des Landes es erfordern, werden wir die Anreicherung erhöhen, zum Beispiel, wenn es nötig sein sollte, bis zu 60 Prozent.«

Wann begeht man eigentlich den größeren Fehler? Wenn man die iranischen Worte und Taten ernst nimmt und nachher war es doch bloß ein Bluff? Oder wenn man sie für einen Bluff hält und nachher stellt sich heraus, dass der Iran die Bombe besitzt? Die Risikoforschung kann das leicht beantworten; trotzdem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass der deutsche Außenminister Heiko Maas mit seinen französischen und britischen Kollegen darauf kommen wird.