US-Präsident Biden hat ein Gesetz zur Erneuerung der Infrastruktur vorgestellt

Eine Baggerschaufel Geld

Die öffentliche Infrastruktur in den USA ist marode. Präsident Joe Biden will dies nun mit einem umfangreichen und und mit mehr als zwei Billionen US-Dollar veranschlagten Programm ändern. Dieses betrachtet Infrastruktur nicht nur konventionell, sondern nimmt mehr als Straßen und Flughäfen in den Blick.

In einer Rede in Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania hat US-Präsident Joe Biden am 31. März seinen ambitionierten Gesetzentwurf für die grund­legende Erneuerung der US-amerikanischen Infrastruktur vorgestellt. »Das ist nicht etwa ein Plan, der nur ein bisschen etwas aufbessert«, so Biden. »Es ist eine Investition in Amerika, wie sie nur einmal in einer Generation vorkommt.« Der sogenannte American Jobs Plan soll die marode Infrastruktur des Landes grundlegend erneuern. Das ist auch bitter nötig.

Der »American Jobs Plan« ver­knüpft Wirtschafts-, Sozial- und Klima­politik; Pflege wird zu einem Teil der Infrastruktur erklärt.

59 Prozent aller befragten US-Amerikaner, so das Meinungsforschungs­institut Navigator, sprächen sich für den American Jobs Plan aus. Mit diesem wollen Biden und die Demokraten die gesellschaftliche Mitte vertreten, während die Republikanische Partei immer weiter nach rechts abdriftet. Der American Jobs Plan sieht unter anderem 621 Milliarden US-Dollar für Ausbesserungen von Verkehrswegen auf Straße und Schiene vor, 300 Milliarden US-Dollar sind für die Förderung der US-amerikanischen Industrie vorgemerkt, 100 Milliarden für die Renovierung von Schulen.

Die Demokraten wollen mit dem Gesetz auch einige Wünsche der Linksliberalen erfüllen. Beispielsweise will Biden eine halbe Million Ladestationen für Elektrofahrzeuge bauen lassen. Pflegekräfte in Seniorenheimen und Privathaushalten sollen mehr Geld ­bekommen, der Etat für weiterführende Berufsbildung soll aufgestockt werden. Der American Jobs Plan verknüpft Wirtschafts-, Sozial- und Klimapolitik; Pflege wird zu einem Teil der Infrastruktur erklärt.

Genau daran nimmt die Opposition Anstoß. Viel zu weitreichend findet der Sprecher der republikanischen Fraktion im Senat, Mitch McConnell, Bidens Plan, und viel zu teuer. Die Kritik an der Finanzierung ist berechtigt: Statt präzise zielorientiert zu budgetieren, geht Biden mit den öffentlichen Mitteln außerordentlich großzügig um. Schätzungsweise 2,2 Billionen US-Dollar soll das Gesetz innerhalb der kommenden acht Jahre kosten. Finanzieren will die ­Regierung es mit einer Steuererhöhung für Großverdiener, die mindestens 15 Jahre in Kraft bleiben soll; zudem soll die Körperschaftssteuer von 21 Prozent auf 28 Prozent steigen. Einer Analyse der Investmentbank Goldman Sachs vom 23. März zufolge ließe sich damit allerdings höchstens die Hälfte der Kosten decken.

»Es läuft wieder auf geliehenes Geld und deutliche Steuererhöhungen hinaus«, klagte McConnell, der gelobte, »bei jedem Schritt« gegen die Initiative zu kämpfen. Das entspricht zweifellos McConnells Überzeugung in der Sache, vermutlich steckt jedoch auch Kalkül hinter seiner obstruktiven Haltung – er hat die republikanische Basis im Blick. In den Augen vieler Konservativer wäre eine Kooperation mit den Demokraten nichts anderes als Kollabora­tion mit dem Feind, und es kann auch nicht in McConnells Sinne sein, den Demokraten zu politischen Erfolgen zu verhelfen.

Aus diesem Grund gab es auch für das Covid-19-Rettungsprogramm der Regierung Biden, den »American Rescue Plan Act«, keine einzige republikanische Stimme im Kongress. Möglich war die Verabschiedung des Plans nur aufgrund des 1974 eingeführten reconciliation-Verfahrens, mit dem Gesetze, die ausschließlich den Bundeshaushalt betreffen, den Senat per einfacher Mehrheit von 51 Stimmen statt der üblicherweise notwendigen 60 passieren können. Es ist absehbar, dass Biden und die Demokraten auch beim American Jobs Plan auf dieses Verfahren werden zurückgreifen müssen. Allerdings ist noch ungewiss, welche Teile des ­Gesetzes per reconcili­ation verabschiedet werden könnten. Hinzu kommt, dass sich die Demokraten im Senat keinen einzigen Abweichler leisten können, da sie ebenso wie die Republikaner genau 50 Sitze haben und somit selbst die einfache Mehrheit nur mit Hilfe der Stimme der Vizeprä­sidentin Kamala Harris erreichen können, die auch als Vorsitzende des Senats fungiert.

Biden plant noch weitere wichtige Gesetzesvorhaben. Auf die jüngst verabschiedeten Einschränkungen bei der Ausübung des Wahlrechts im republikanisch regierten Bundesstaat Georgia, die unter anderem die Briefwahl erschweren sollen, hat das Repräsentantenhaus mit der Verabschiedung des neuen Bürgerrechtsgesetzes »H.R. « beziehungsweise »S. « reagiert, auch bekannt als »For the People Act«. Demnach soll bundesweit eine automatische Wählerregistrierung implementiert werden, die Briefwahl soll erheblich ausgeweitet, der Zugang zu Wahllokalen garantiert werden, der Einfluss von Großspendern limitiert und der willkürliche Zuschnitt von Wahlkreisen eingeschränkt werden.

Alle diese Reformen betrachten die Republikaner mit Skepsis. Da im Senat jedoch für eine derartige Gesetzesänderung eine Dreifünftelmehrheit nötig ist, damit Gesetzesvorhaben nicht per Filibuster (dem Endlosreden eines oder mehrerer Senatoren) verzögert oder gar verhindert werden können, stehen die Demokraten vor einem Dilemma. Den Filibuster abzuschaffen, könnte fatale Folgen haben, denn dann könnten in Zukunft auch konservative Hardliner mit einer einfachen Mehrheit den Staat beliebig umgestalten. Zudem ist es mehr als fraglich, ob es wiederum dafür genügend Stimmen gäbe. Andererseits ist es zwingend notwendig, das Wahlrecht aller US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner gleichermaßen zu garantieren.

Auch auf anderen Gebieten erweist sich Biden als kompetent. Zeigte sich der vorherige Präsident Donald Trump beispielsweise bei der Bekämpfung der Pandemie immer wieder entschieden desinteressiert, so konnte Biden in den ersten zwei Monaten seiner Amtszeit nicht nur Coronahilfen in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar durchsetzen, sondern auch die Impfkampagne bundesweit erheblich beschleunigen. Mittlerweile sind in den USA drei Impfstoffe zugelassen, über 30 Prozent der Bevölkerung haben mindestens eine Dosis erhalten, mehr als 17 Prozent haben bereits vollen Impfschutz.

Die Bemühungen der Regierung stoßen auf große Zustimmung. Nach Angaben der Website Fivethirtyeight.com, die vom Sender ABC betrieben wird, genießt Biden in Umfragen Zustimmung von knapp 54 Prozent, ein Wert, den Trump in seiner vierjährigen Amtszeit nicht einmal annähernd erreicht hat.

Lediglich in der Migrationspolitik wittern die Republikaner eine reelle Chance, dem Präsidenten zu schaden. Denn Anfang des Jahres kam es zu einem neuen Schub illegaler Einwanderung, darunter auch viele Minderjährige. Nach Regierungsangaben befanden sich am 23. März 4 62 Kinder in der Obhut des Grenzschutzes, unter ähnlichen Bedingungen wie in der Amtszeit Trumps. NBC News zufolge wurde im März die Federal Emergency Management Agency (Fema) hinzugezogen, um der Situation Herr zu werden. 110 Millionen US-Dollar hat die Regierung Biden für die Unterbringung von Migranten bewilligt, aber die Problematik ist damit nicht aus der Welt geschafft. Die repub­likanischen Senatoren Lindsey Graham und Ted Cruz nutzten die Gelegenheit für ein Stelldichein vor laufenden Kameras an der mexikanische Grenze. Cruz behauptete, Biden habe die »Krise« mit seiner angeblich viel zu freizügigen Politik ausgelöst.

In der Tat gibt es an Bidens Migrationspolitik erhebliche Defizite zu bemängeln; eine klare Linie ist nicht zu erkennen. Biden will sich auf die Bekämpfung der Fluchtursachen konzentrieren und hat seine Vizepräsidentin Harris beauftragt, die US-amerikanische Entwicklungshilfe in den Ländern des »nördlichen Dreiecks« – also Guatemala, Honduras und El Salvador – weiter auszubauen. Es ist unklar, ob diese Bemühungen Früchte tragen werden. Zumindest mittelfristig bleibt das Problem bestehen, und davon profitieren in den USA in erster Linie die Rechts­populisten.