Nordrhein-Westfalen ist erneut mit einer Olympia-Bewerbung gescheitert

Verlieren aus Tradition

Nordrhein-Westfalen hat bei der Bewerbung um die Olympischen Spiele erneut den Kürzeren gezogen. Das Bundesland hat Erfahrung mit gescheiterten Bewerbungen.

Armin Laschet (CDU) stand am Rednerpult des nordrhein-westfälischen Landtags und strahlte Entschlossenheit aus. »Ich will für diese Bewerbung weiterkämpfen«, sagte der Ministerpräsident. Nein, es ging nicht um die Frage, ob er oder Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der Bundestagswahl im September für die Union als Kanzlerkandidat antreten soll, sondern darum, die Olympischen Spiele in das Land an der holländischen Grenze, das Land der tristen sauerländischen Fichten zu holen.

Bislang war diesem Vorhaben kein Erfolg beschieden. Das Internationale Olympische Komitee verhandelt derzeit mit dem australischen Brisbane, wo die Olympischen Spiele im Jahr 2032 aller Voraussicht nach stattfinden werden. Was zugleich bedeutet: Sie werden nicht in Köln, Düsseldorf und Oberhausen ausgetragen. Selbst der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte die seit Jahren von der Landespolitik und dem Sportmanager Michael Mronz großspurig angekündigte Bewerbung der ominösen Rhein-Ruhr-City Gmbh ignoriert, denn außer ein paar lustigen Seiten im Internet und einem »Konzept für Olympische und Paralympische Spiele in der Metropolregion Rhein-Ruhr« hat die Firma nichts vorzuweisen. Eine Befragung der nordrhein-westfä­lischen Bürger darüber, ob sie die Spiele, die der Rhein-Ruhr-City Gmbh zufolge »ökonomisch und ökologisch nachhaltig« verlaufen würden, überhaupt haben wollen, hatte trotz Ankündigung nicht stattgefunden. Nach etlichen Pleiten mit Bewerbern wie Hamburg und Garmisch-Partenkirchen wollten sich die Sportfunktionäre des DOSB wahrscheinlich nicht schon wieder blamieren.

Mronz verfügt als Sport- und PR-Manager über gute Verbindungen zu nordrhein-westfälischen Politikern und ist sowohl bei der Regierung als auch bei der Opposition beliebt. Er und die Firma hatten mit großspurigen Floskeln für das Vorhaben geworben: Es ging beispielsweise um ein »Wir-Denken«, den Abbau von »Innovationsbarrieren« und darum, »gemeinsame Lösungen schneller und effizienter zu entwick­eln, die es am Ende ermöglichen, die Städte untereinander optimal zu vernetzen und damit auch für eine bessere Work-Life-Balance der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen«.

Das war ungemein inhaltsarm, ideen- und belanglos – und damit für die meisten politisch Verantwortlichen in Nordrhein-Westfalen attraktiv. Mronz lud sie zum Träumen ein: ein Weltereignis mit Milliarden Zuschauern; Journalisten, die berichten, es sehe in Herne gar nicht so schlimm aus, wie die wenigen Menschen, die schon einmal von Herne gehört haben, es sich vorstellten; und oha, Düsseldorf sei gar kein richtiges Dorf, zumindest wenn man den Nachbarort Duisburgs nicht mit Köln vergleiche.

Die meisten Kommunalpolitiker zeigten sich angetan von der Idee. Vor allem die Aussicht auf Fördergelder dürfte für die Zustimmung gesorgt haben. Dabei muss ihnen allerdings ein kleines Detail entgangen sein: Für die einzelnen Kommunen bliebe bei Spielen, die im bevölkerungsreichsten Bundesland stattfinden, dessen Fläche zudem fast so groß ist wie die Belgiens, kaum etwas übrig.

Für Nordrhein-Westfalen war es der dritte früh gescheiterte Bewerbungsversuch um die Olympischen Spiele seit den achtziger Jahren. Ursprünglich sollten die Spiele vor gut 30 Jahren ins Ruhrgebiet geholt werden. Nachdem die Bewerbung um die Universiade 1989 in Duisburg erfolgreich gewesen war, griff das Ruhrgebiet nach den Ringen. Doch die Mauer fiel und es war klar, dass sich das wiedervereinigte Berlin bewerben würde. Das Ruhrgebiet stellte seine Bemühungen ein und Berlins Bewerbung um die Spiele 2000 scheiterte bereits im ersten Wahlgang. Gut zehn Jahre später bewarb sich das halbe Land zum ersten Mal unter der Fahne Düsseldorfs um die Spiele im Jahr 2012 – und unterlag 2003 schon in der Vorauswahl.

Laschet sagte jüngst, er wolle zeigen, dass auch Demokratien die Olympisch­en Spiele ausrichten könnten. Blickt man auf die Liste der Staaten, in denen die Spiele in den vergangenen 30 Jahren ausgerichtet wurden, fanden sie mit der Ausnahme der Veranstaltung in Peking 2008 in bürgerlichen Demokratien statt und auch für die Zukunft stehen mit Tokio, Paris und Los Angeles entsprechende Städte auf der Liste. Dass Laschet will, dass Nordrhein-Westfalen sich für die Spiele 2036 bewirbt, zeugt zudem von Geschichtsvergessenheit. Der DOSB-Präsident Alfons Hörmann lehnt es ab, dass sich Deutschland 100 Jahre nach den von den Nazis organisierten Spielen 1936 bewirbt. Und am DOSB kommen weder Laschet noch Mronz vorbei.