In iranischen Schulbüchern wird gegen Juden, Israel und den Westen gehetzt

Hasspredigten des Staats

Die Anti-Defamation League hat nach fünf Jahren erstmals wieder eine Studie zu iranischen Schulbüchern vorgelegt. In diesen findet sich nicht nur eine Erziehung zum Krieg, sondern auch Hetze gegen Juden, Israel und den Westen. Auch die Covid-19-Pandemie kommt vor.

Iranische Schulbücher sind antisemitischer denn je. Das zeigt eine neue Studie der jüdischen US-Organisation Anti-Defamation League (ADL), die anlässlich des 42. Jahrestags der iranischen Revolution von 1979 am 11. Februar erschienen ist. Es ist der erste Bericht der ADL über die Propaganda in Schulbüchern des Landes seit fünf Jahren.

»Ich erwarte nicht, dass wir durch die Studie den Inhalt der Schulbücher beeinflussen können«, sagt David Weinberg, der Autor der Studie und Direktor für internationale Angelegenheiten der ADL in Washington, D. C., im Gespräch mit der Jungle World. »Doch ich hoffe, dass wir mit den Informationen die internationale Gemeinschaft dazu ermutigen, diese Art der Aufstachelung zu Hass und Gewalt zu verurteilen und ihr entgegenzuwirken.«

Die Haupttätigkeit der ADL ist der Kampf gegen Antisemitismus, dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Studie auf Diskriminierung von Juden und der Feindschaft gegen den Staat Israel. So heißt es in einem iranischen Geschichtslehrbuch für die elfte Klasse, dass die »Heuchler und Juden« eine Verschwörung gegen den Propheten Mohammed und die Muslime anführten. In einem Buch für die »Islamische Erziehung« von Viertklässlern heißt es, die al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem sei »besetzt von den Feinden des Islam«, die Muslimen nicht erlauben würden, dort »bequem zu beten«.
Auch andere Gruppen werden in etlichen Inhalten des staatlichen Lehrplans dämonisiert – beispielsweise die Anhänger der Bahai-Religion, die im Ursprungsland ihrer Religion, im Iran, verfolgt werden und in der israelischen Stadt Haifa ihr geistiges Zentrum haben. Außerdem stehen die USA und deren Verbündete im Fokus der Propaganda.

In den untersuchten Schulbüchern des Schuljahres 2020/21 werden dem Bericht zufolge auch Jihadisten mehr denn je als Vorbilder verherrlicht und das Konzept des Märtyrertums glorifiziert. Zu diesen Vorbildern zählen der im Januar 2020 durch einen US-Drohnenangriff getötete Kommandeur der Auslandseinheit der Revolutionsgarden, Qasem Soleimani, sowie iranische Kämpfer in Syrien, die libanesische Hizbollah und Kindersoldaten, die in Afghanistan rekrutiert wurden.
Zudem seien in diesem Jahr zwei Passagen hinzugefügt worden, die Fehlinformationen über die Covid-19-Pandemie verbreiten: Westliche Medien würden in den Schulbüchern beschuldigt, mit der Berichterstattung über Sars-CoV-2 Panik im Iran zu verbreiten, um Iraner von der Teilnahme an vom Regime organisierten Veranstaltungen abzuschrecken und Chaos in den Apotheken zu verursachen.

Explizit werde auch die Europäische Union als islamfeindlich dargestellt: Zum Beispiel zeigt eine Zeichnung, wie zwei Arme – welche die EU und die Vereinigten Staaten versinnbildlichen – den zu einem Baum stilisierten Iran strangulieren; eine Anspielung auf die Sanktionen, die die Bücher auch als Teil eines »satanischen Plans« zur Zerstörung des Islam darstellten. Zudem würden westliche Nationen beschuldigt, Drogen, vulgäre Medieninhalte und Videospiele im Iran zu verbreiten, als Teil eines nicht enden wollenden und existentiellen soft war (etwa: nichtmilitärischer Krieg) gegen den Iran. Konsequenterweise wird die Arbeit der iranischen Atomwissenschaftler als Teil eines »großen Jihad« beschrieben, für den auch die Aufopferung junger Menschen wichtig sei.

»Zweifellos spielen diese Bücher eine Rolle in den intensiven Bemühungen des Iran, junge Menschen zu rekrutieren, um sich an Gewalttaten in der Region zu beteiligen und Terrorakte zu unterstützen«, sagt Weinberg. Daran zeige sich die aggressive Haltung des Iran. Denn »wenn man Frieden im Nahen Osten anstrebt«, müsse man kommende Generationen vorbereiten, »indem man Toleranz statt Hass lehrt«.

Nicht in allen islamisch geprägten Ländern der Region sei eine Radikalisierung der Lehrinhalte zu verzeichnen, sagt Weinberg. »Die offiziellen iranischen Schulbücher sind wohl die ex­tremsten in der Region.« Besorgnis­erregend seien jedoch auch die Bücher der Palästinensischen Autonomiebehörde und andere. »Die saudischen und katarischen Lehrbücher waren in den letzten Jahren extrem antisemitisch, obwohl die saudischen im vorigen Jahr einige partielle Verbesserungen vorgenommen haben«, sagt Weinberg. Marokkos Behörden hätten den staatlichen Schulbüchern in diesem Jahr sogar einige positive Materialien über die jüdische Gemeinde des Landes hinzugefügt.

Diese Veränderungen sind Ausdruck des sich wandelnden Verhältnisses einiger islamisch geprägter Länder zu Israel. So hat beispielsweise Marokko Ende vergangenen Jahres angekündigt, seine diplomatischen Beziehungen zum jüdischen Staat zu normalisieren (siehe Fisch, Phosphat und Feuergefechte). Doch die Indoktrinierung durch Schulbücher ist in der Region ein umfassenderes Problem. 2019 untersuchte der deutsche Journalist Constantin Schreiber mehr als 100 Schulbücher aus dem Irak, Jordanien, dem Libanon, den Palästinensischen Gebieten, Ägypten, dem Iran, der Türkei und Afghanistan. Das Fazit seines Buchs »Die Kinder des Koran. Was muslimische Schüler lernen«: Junge Menschen in diesen Ländern werden mit Frauenfeindlichkeit, Nationalismus und Antisemitismus groß. Judenfeindliche Elemente seien in den meisten Lehrbüchern präsent.